Der Journalist und Buchautor Huib Modderkolk über das digitale Wettrüsten, die Coronakrise und die neue Rolle der Geheimdienste.
Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie verwundbar unsere Gesellschaften angesichts der digitalen Vernetzung sind. Unterschätzen wir dieses Risiko noch viel zu sehr?
Huib Modderkolk: Absolut. Die Vorteile der modernen Technologien sind schnell zu erkennen, aber es ist schwer, die Risken zu sehen. Wir realisieren nicht, was das für unsere Freiheiten oder unsere eigene Sicherheit bedeutet. Die Folge ist: Wir geben nicht nur persönliche Daten bereitwillig her, sondern auch Teile unserer Autonomie. Wenn man über WhatsApp telefoniert, muss man wissen, wo die Daten hingehen. Gehen sie in die USA? Oder direkt nach Deutschland? Was für ein Internet-Knotenpunkt? Was für Gebäude? Welche Kabel? Diese Infrastruktur ist ja nicht neutral. Sie gehört jemandem. Und es ist möglich, diese Daten abzufangen.
Sie sprechen von einem „Krieg“ . . .
Das Wort Krieg ist kontrovers, es suggeriert einen normalen Krieg zwischen Staaten, die Wirklichkeit ist aber nuancierter. Zum Beispiel heiß es im Jahresbericht des holländischen (Geheimdienstes, Anm.) AIVD: „Ausländische Staaten verschaffen sich Zugang zu kritischer Infrastruktur und nutzen diese Position, um später angreifen zu können.“ Es geht also auch um strategische Positionen. Würden sich russische Soldaten an der Grenze in Stellung bringen, wären wir alarmiert. Jetzt ist es komplizierter. Sie sind da – aber wie ordnet man das ein?