Klingonisch, Volapük, Láadan . . . Autor Clemens Setz hat sich in die aberwitzige Welt der Plansprachen vertieft. Ein Gespräch über uns fehlende Wörter, Geheimagenten des Esperanto und einen Feldzug gegen blinde Kinder.
Die Presse: Als jüngst der Literaturnobelpreis an US-Lyrikerin Louise Glück ging, waren Sie einer der wenigen, der ihre Lyrik kannte. Wie finden Sie sie?
Clemens Setz: Sie ist akademisch sehr brav, sehr unoriginell. Es ist orakelndes Sprechen, Natur wird beschrieben, antike Mythen klingen an, Kindheitserinnerungen, und am Ende steht manchmal ein Weisheitsspruch, wie: „But you are the force, you must wait . . .“ Vieles wird auf Instagram geteilt, Teile ihrer Gedichte sind gut fotografierbar, als upliftende Lebensweisheit. Mich langweilt das fürchterlich. Aber sie hat auch ein paar gute Zeilen.
Sie nennen in Ihrem neuen Buch „Die Bienen und das Unsichtbare“ auch zwei Ihrer Nobelpreis-Favoriten, die sind noch viel unerwarteter: Sie schreiben in erfundenen Sprachen. Es gibt darin große Literatur?
Die kroatische Esperanto-Autorin Spomenka Štimec zum Beispiel sollte als große europäische Erzählerin gelten. Aber Esperanto-Werke bleiben sehr in ihrer Sprachwelt. Selbst wenn sie übersetzt werden, sagt man: „Schaut, Esperanto, wie kurios!“, nicht: „Schaut, was für eine Kunst!“ Der Schotte William Auld, der größte Esperanto-Dichter, war tatsächlich für den Nobelpreis nominiert, es ist nicht bekannt, wie ernst das war. Große Autoren sind auch die Britin Marjorie Boulton oder der Spanier Jorge Camacho, der wohl größte lebende Esperanto-Lyriker.