Kosten: Eine Billion Dollar für sieben Jahre

Kosten Eine Billion Dollar
Kosten Eine Billion Dollar(c) EPA (Sgt. Kimberly Johnson / MULTI NA)
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Es war der längste und teuerste Krieg, den die USA jemals führten. 4416 amerikanische Soldaten kamen im Irak ums Leben, mehr als 100.000 Zivilisten starben.

WIEN/WASHINGTON (rie).Ein Budgetüberschuss ginge sich zwar nicht aus, die USA stünden aber recht gut da, hätten sie diesen Krieg nicht geführt: 900 Milliarden Dollar hat der Einsatz im Irak nach Berechnungen des Brooking-Instituts in Washington gekostet. Zum Vergleich: Das heurige Haushaltsjahr beenden die Vereinigten Staaten mit einem Defizit von 1,5 Billionen Dollar.

Insgesamt – inklusive der medizinischen Betreuung, der volkswirtschaftlichen Schäden, der Langzeitfolgen – werden Kosten von drei Billiarden Dollar genannt.

Es war nicht nur der teuerste Krieg, den Washington jemals geführt hat. Es war auch der längste: Sieben Jahre lang versuchten amerikanische Soldaten, den Frieden im Irak zu gewährleisten. Das eigentliche Ziel des Einsatzes im Jahr 2003, Saddam Hussein zu stürzen, war nach 21 Tagen erreicht. Aber es dauerte bis August 2010, bevor die US-Truppen die Situation in dem Land so weit im Griff hatten, dass die amerikanische Regierung ihre Aufgaben als erfüllt ansah. Vielen Irakern kommt der Abzug freilich noch immer zu früh: Um dauerhafte Ruhe und Sicherheit zu gewährleisten, wären noch zehn weitere Jahre notwendig gewesen, meinte ein irakischer General am Mittwoch.

5000 Dollar pro Sekunde

Monatlich gaben die USA zuletzt 7,3 Milliarden Dollar für den Einsatz ihrer Truppen aus. In Spitzenzeiten im Jahr 2008 waren es zwölf Milliarden Dollar. Für einen einzigen eingesetzten Soldaten mussten 390.000 Dollar pro Jahr aufgewandt werden. Jede Sekunde des Einsatzes, errechneten damals die Demokraten, koste den US-Steuerzahler etwa 5000 Dollar.

Gar nicht eingerechnet ist bei dieser Summe, was an Geld und Material verloren ging: Neun Milliarden Dollar an Hilfe für die irakische Regierung seien „versickert“, schrieb der amerikanische Rechnungshof in einer Untersuchung im Jahr 2007. Dazu kämen 190.000 Waffen, darunter mehr als 100.000 Maschinenpistolen, die nicht mehr auffindbar seien. Und natürlich die Ersatzteile für Fahrzeuge und Panzer: Damit, urteilten die Prüfer, könne man schon eine recht beachtliche Fahrzeugflotte aufbauen.

4416 amerikanische Soldaten bezahlten den Einsatz (Stand 18. August) mit ihrem Leben. Nach der kühlen Statistik des Pentagons waren 98 Prozent der Getöteten männlich, 74 Prozent waren weiß, neun Prozent afroamerikanischer, elf Prozent lateinamerikanischer Abstammung. 54 Prozent der ums Leben gekommenen waren jünger als 25 Jahre.

Zehntausende zivile Opfer

31.897 US-Soldaten wurden beim Einsatz verwundet, nicht eingerechnet all jene, die mit psychischen Problemen zurückkamen. Laut Brookings seien bei einem Drittel aller Soldaten binnen drei bis vier Monaten nach der Heimkehr mentale Probleme aufgetreten.

Ungenauer sind die Zahlen über irakische Opfer. Zwar zählte man 9571 getötete Polizisten und Soldaten, bei den Zivilisten gibt es aber nur Schätzungen: Die Zahlen beginnen bei 50.000, mehr als 100.000, wie sie das Magazin „Stars and Stripes“, die offizielle Zeitung der amerikanischen Streitkräfte nennt, gelten als realistischer. Manche Organisationen sprechen gar von 600.000 zivilen Opfern.

163 Anschläge pro Tag

Grund waren die vielen Anschläge von Selbstmordattentätern, mit versteckten Bomben oder mit Raketenwerfern, die im Mai 2007 einen Rekord erreichten: Jeden Tag zählte man damals im Irak im Durchschnitt 163 Anschläge. Im Februar 2004, nicht einmal ein Jahr nach dem Beginn des Krieges, waren es erst 14 gewesen.

Wie sich der Einsatz auf die Lebensqualität der Bevölkerung ausgewirkt hat, lässt sich nur schwer in Zahlen gießen: Etwa 2,2 Millionen Menschen sind aus dem Irak nach Syrien und Jordanien geflohen; die Arbeitslosenrate schwankt je nach Bezirk zwischen 27 und 60 Prozent. Laut CNN litten im Juni 2007 fast ein Drittel aller Kinder an Unterernährung. Im Durchschnitt hatte ein Haus in Bagdad 2007 (aktuellste Erhebung) 5,6 Stunden Strom pro Tag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2010)

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