Ministerpräsident Morawiecki ließ sich sein Veto teuer abkaufen.
Brüssel. Mehr als neun Stunden lang drohte Polens Ministerpräsident, Mateusz Morawiecki, beim Europäischen Rat in Brüssel, die Klimaschutzpolitik der Union zu verunmöglichen. Gegen acht Uhr am Freitagmorgen hatte er sein Ziel schließlich erreicht: Die anderen Staats- und Regierungschefs gaben seinen Forderungen nach de facto mehr Geld und gleichzeitig geringeren Belastungen für Polen nach. Morawiecki stimmte dafür dem Ziel zu, die gesamten Treibhausgasemissionen der Union bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent zu senken, verglichen mit dem Basisjahr 1990.
Offiziell priesen die Spitzen der Union dies als ihren Erfolg. „Europa ist der Anführer im Kampf gegen den Klimawandel“, teilte Charles Michel, der Präsident des Europäischen Rates, via Twitter mit. „Eine großartige Weise, den ersten Jahrestag des Grünen Deals der EU zu feiern!“, frohlockte Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission. Auch Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, war erfreut: „Am Vorabend des fünften Jahrestages des Klimaabkommens von Paris verpflichten wir Europäer uns, bis 2030 unsere Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent zu senken. Jetzt. Alle gemeinsam. Denn es gibt keinen Plan B!“
Polen kann erneut blockieren
In Wahrheit allerdings ist diese ostentative Einigkeit brüchig. „Die Presse“ sprach mit zwei EU-Diplomaten, die von ihren Chefs im Saal laufend über das Geschehen unterrichtet wurden. Ihr Fazit: Morawiecki hat seinen Widerstand gegen verpflichtende Ziele für Polen, die Abhängigkeit von fossiler Energie, allen voran Steinkohle, zu verringern, nicht aufgegeben.