Verkehr

Zweifel an Zeitplan für 1-2-3-Klimaticket in ganz Österreich

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U-BahnClemens Fabry/Die Presse
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Einer Umfrage des Verkehrsverbunds Ostregion zufolge bevorzugen die Österreicher die gleichzeitige Einführung aller Tarifstufen anstatt einer schrittweisen bis 2024.

Der Verkehrsverbund Ostregion (VOR) zweifelt am Zeitplan für die Einführung des 1-2-3-Klimatickets für ganz Österreich. Es seien noch viele Fragen sowie die Finanzierung noch offen, sagte VOR-Geschäftsführerin Karin Zipperer am Montag. In einer vom VOR bei Sophie Karmasin beauftragten Umfrage bevorzugen die Österreicher die gleichzeitige Einführung aller drei Tarifstufen 2021 gegenüber einer schrittweisen Umsetzung ab Sommer 2021 bis 2024.

Karmasin hat zwei strukturgleiche Stichproben mit je rund 1000 Personen von 18 bis 62 Jahren befragt, die zumindest zwei regelmäßige Wege pro Woche mit einem öffentlichen Verkehrsmittel oder Pkw zurücklegen. Die eine Hälfte wurde zu einer schrittweisen Einführung befragt, in der das österreichweite 3er-Ticket im Sommer 2021 kommt und das 1er- und 2er-Ticket für ein bzw. zwei Bundesländer erst 2024. Die zweite Hälfte wurde zu einer gleichzeitigen Einführung aller drei Tarifstufen bereits im Sommer 2021 befragt.

Das Ergebnis: 28 Prozent würden eines der 1-2-3 Tickets im Sommer 2021 bei gleichzeitiger Einführung kaufen. Demgegenüber würden nur zehn Prozent das österreichweit gültige 3er-Ticket im Sommer 2021 kaufen. Für Karmasin nicht überraschend, denn erstens entstehe bei gleichzeitiger Einführung eine Wahlfreiheit, die sich auch positiv auf die 3er-Stufe auswirke, zweitens sei die 1er-Stufe für ein Bundesland die mit Abstand beliebteste Variante.

"Wir haben noch keinen gemeinsamen Nenner"

Eine gleichzeitige Einführung im Sommer 2021 wäre auch klimafreundlicher, da die Nutzung des öffentlichen Verkehrs dann stärker steige als bei schrittweiser Einführung bis 2024. Bei gleichzeitiger Einführung aller Tarifstufen im Sommer 2021 würde auch der Einsatz des eigenen Autos sinken, bei einer schrittweisen Einführung hingegen nicht, so die Umfrageergebnisse.

Allerdings ist ein Start des 1-2-3-Klimatickets mit 2021 ohnehin unsicher. Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) will die 3er-Stufe des im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen vereinbarte Ticketmodells vorziehen und bis zum Sommer einführen. Aus dem Bundesländern und deren Verkehrsverbünden kommt Widerstand an der Umsetzung. Bisher gibt es mit keinem Bundesland einen Vertrag. Für die Ostregion gebe es erst grobe Vorschläge, heißt es vom VOR.

Der VOR, der den öffentlichen Verkehr in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland verantwortet, hält eine Einführung bis Sommer 2021 zwar noch für möglich, man müsste aber Gas geben und endlich "faire Verhandlungen auf Augenhöhe" führen. Eine Einführung bis Herbst oder Ende 2021 wäre realistischer. "Wir haben noch keinen gemeinsamen Nenner", meinte Zipperer.

Kritik übte Zipperers KO-Geschäftsführer im VOR, Wolfgang Schroll, auch der Art der geplanten Umsetzung. Es gebe mit den Verkehrsverbünden etablierte Organisationen, es wäre schade, das Potenzial dieser Systeme nicht zu nützen. "Wir machen das seit 35 Jahren", so Schroll. Würde man das 1-2-3-Klimaticket über die Verkehrsverbünde einführen, wäre für die Kunden ein Up- oder Downgrade einfacher, nannte der VOR-Manager ein Beispiel. Der VOR sei für ein System "aus einem Guss". Es gebe in einigen Bundesländern bzw. Verkehrsverbünden schon Jahreskarten ähnlich der 1er-Stufe des Klimatickets. "Es wäre das Sahnehäubchen, das zusammenzuführen".

Billige Tickets nur bei ausreichend Sitzplätzen

Der VOR warnt davor, die 3er-Stufe einzuführen, ohne die erste und zweite Tarifstufe mitzudenken. Außerdem müsse der Öffi-Ausbau Hand in Hand gehen, denn billige Tickets würden nichts bringen, wenn es dann keine Sitzplätze gibt. In den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern geht es vor allem um die Aufteilung der Einnahmen aus dem Klimaticket und die Kompensation der bisherigen Ticketverkäufe. Ein Diskussionspunkt ist auch die Frage, wo und bei wem das neue Ticket gekauft werden kann. Der VOR verweist in dem Zusammenhang auf sein eigenes Vertriebssystem.

Dass die Österreicher den verantwortlichen Stellen bei der Umsetzung des Klimatickets nicht so ganz trauen, zeigt sich übrigens auch in der Karmasin-Umfrage. Nur 33 Prozent halten es für wahrscheinlich, dass das 1er- und 2er-Ticket tatsächlich kommt, wenn das 3er- Ticket früher eingeführt wird. 37 Prozent halten es für unwahrscheinlich, dass 2024 auch die 1er- und die 2er-Stufe angeboten werden.

ÖVP und Grüne hatten sich in den Koalitionsverhandlungen auf die Umsetzung einer österreichweiten Jahresnetzkarte für den öffentlichen Verkehr geeinigt - "um 1 Euro pro Tag in einem Bundesland, um 2 Euro pro Tag in einem und im Nachbarbundesland, um 3 Euro pro Tag das gesamte Bundesgebiet", wie es im Regierungsprogramm wörtlich heißt.

(APA)

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