Impeachment

Hand auf dem Kopf: Das ungewöhnliche Trinkritual des Trump-Anwalts

Trumps Anwalt David Schoen.
Trumps Anwalt David Schoen.(c) Reuters
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Wütend hat der frühere US-Präsident auf den Auftritt seines Anwalts Bruce Castor am ersten Tag des Amtsenthebungsverfahrens reagiert. Auch der zweite Verteidiger David Schoen sorgte für ungewöhnliche Szenen.

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat offenbar frustriert und wütend auf den ersten Tag des Amtsenthebungsverfahren reagiert. Besonders unzufrieden sei er mit der Leistung seines Anwalts Bruce Castor gewesen, der im US-Senat am Dienstag (Ortszeit) als Erster für Trump gesprochen hatte, schrieb die "New York Times" unter Berufung auf eine namentlich nicht genannte Person. Auf einer Skala von eins bis zehn sei Trumps Wut einer Acht gleichgekommen.

Castor hatte unter anderem die Präsentation der Demokraten gelobt und zu ihnen gesagt: "Gut gemacht". Sein rund 45 Minuten langer Vortrag wurde von mehreren Demokraten als zusammenhangslos und wirr bezeichnet. Selbst einige republikanische Senatoren räumten ein, die Präsentation der Demokraten sei besser gewesen. Trump habe "fast geschrien", als er den Vortrag seines Anwalts am Fernseher verfolgte, schrieb der Sender CNN unter Verweis auf ungenannte Quellen.

Mit dem Vortrag seines zweiten Verteidigers David Schoen sei Trump aber zufrieden gewesen, so die "New York Times". Dieser hatte argumentiert, das Impeachment-Verfahren werde für politische Zwecke missbraucht, die Demokraten hätten es nur eingeleitet, um Trump "von der politischen Bühne zu entfernen". Ende Jänner war die Zusammenarbeit der fünf vorgesehenen Verteidiger mit Trump abrupt beendet worden. Grund sollen Differenzen bei der Strategie gewesen sein.

Alan Dershowitz, der Trump im ersten Impeachment-Prozess vertreten hatte, sagte nach dem Auftritt von Castor im Senat, er könne nicht verstehen, worauf der Anwalt überhaupt hinaus wollte. "Es gibt kein Argument. Ich habe keine Ahnung, was er macht. Ich habe keine Ahnung, warum er sagt, was er sagt", bemängelte der Star-Anwalt.

Hand auf dem Kopf

Doch auch Schoen sorgte mit einer Geste für Gesprächsstoff bei Beobachtern. Trumps zweiter Anwalt, ein gläubiger Jude, legte mehrmals die Hand auf den Kopf, während er Wasser trank. Zahlreiche Twitter-Nutzer fragten sich anschließend, warum er dies tat.

Nach jüdischem Religionsgesetz muss vor jedem Essen oder Trinken ein kurzer Segen gesagt werden. Dabei muss der Kopf für gewöhnlich bedeckt sein, etwa durch eine Kippa. Schoen trug aber nach Medienberichten keine Kippa, um keine Aufmerksamkeit auf seine jüdische Identität zu ziehen. Damit der Kopf während des Segens vor dem Wassertrinken aber trotzdem bedeckt ist, nahm er stattdessen die Hand.

"Was Donald Trumps Anwalt vermutlich wollte: Dass die USA diesen Abend mit Gesprächen darüber verbringen, dass der Ex-Präsident nicht für den tödlichen Sturm auf das US-Kapitol verantwortlich war", schrieb die "Jewish Telegraphic Agency" dazu. "Was er stattdessen bekam: Hitzige Spekulationen darüber, warum er seine Hand jedes Mal über dem Kopf hielt, wenn er einen Schluck Wasser trank."

Schoen und Castor waren erst zehn Tage vor dem Beginn des
Impeachment-Prozesses mit der Vertretung Trumps beauftragt worden.
Beide seien gewiss die "inkompetentesten Rechtsvertreter
eines modernen Präsidenten", ob noch amtierend oder aus dem Amt
ausgeschieden, mokierte sich der auf die US-Präsidenten
spezialisierte Historiker Michael Beschloss. "Wenn Castor und Schoen
fertig sind, wird das Repräsentantenhaus wahrscheinlich ein drittes
Impeachment fordern."

Verfahren wegen Attacke auf US-Kapitol

Anders als beim ersten Amtsenthebungsverfahren vor rund einem Jahr kann Trump die Vorgänge diesmal nicht über Twitter kommentieren - wegen der Sperre seines Kontos durch den Kurznachrichtendienst. Der 74-Jährige hatte das Verfahren aus der Ferne in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida verfolgt.

Die Demokraten im Repräsentantenhaus hatten das Amtsenthebungsverfahren wegen der Attacke von Trump-Anhängern auf das US-Kapitol Anfang Jänner eingeleitet. Sie werfen dem Ex-Präsidenten "Anstiftung zum Aufruhr" vor. Eine für die Verurteilung Trumps nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat ist derzeit nicht absehbar. Da hilft es auch noch nicht viel, wenn der republikanische Senator Bill Cassidy nach dem schwachen Auftritt von Trumps Anwälten die Seiten wechseln will. Die Demokraten hätten "stärkere Argumente vorgebracht" als das Team des Ex-Präsidenten, twitterte Cassidy.

(APA/dpa)

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