Proteste

Junta in Burma wirft Aung San Suu Kyi Korruption vor

Ein Bild der Demonstrationen in der Stadt Myaing, bei denen sechs Menschen ums Leben kommen.
Ein Bild der Demonstrationen in der Stadt Myaing, bei denen sechs Menschen ums Leben kommen.via REUTERS
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Suu Kyi soll Gold und Dollar genommen haben, erklärt die Militärregierung. Mehr als 60 Menschen wurden bei Protesten getötet. Augenzeugen berichten von gezielten Kopfschüssen. Österreichs Grüne fordern Sanktionen.

Die Junta in Burma (Myanmar) hat Korruptionsvorwürfe gegen die von ihr entmachtete De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi erhoben: Suu Kyi habe illegal Gold und eine Summe von 600.000 US-Dollar angenommen, erklärte Junta-Sprecher Zaw Min Tun am Donnerstag. Zugleich kündigte er an: "Wir werden eine Wahl abhalten, und dann werden wir die Regierungsgeschäfte an die Siegerpartei übergeben." Lokale Medien und Beobachter sprachen von mindestens zehn Toten bei landesweiten Protesten.

Das Militär gab die Korruptionsvorwürfe gegen Suu Kyi bei einer seltenen Pressekonferenz in der Hauptstadt Naypyidaw bekannt. Die 75-Jährige habe mehr als elf Kilogramm Gold im Wert von 680.000 Dollar sowie 600.000 Dollar in bar erhalten, sagte der Sprecher. Die Anti-Korruptionskommission sei eingeschaltet. Anfang vergangener Woche hatte die Junta Suu Kyi bereits wegen "Anstiftung zum Aufruhr" angeklagt.

Kurz nach dem Putsch am 1. Februar hatten die Militärs der 75-jährigen Friedensnobelpreisträgerin zunächst ungewöhnliche Verstöße gegen Importbestimmungen in Zusammenhang mit Walkie-Talkies vorgeworfen, die nach ihrer Festnahme in ihrem Haus gefunden worden waren. Suu Kyi wird Berichten zufolge unter Hausarrest in Naypyidaw festgehalten. Sie stand bereits unter Burmas früherer Militärregierung 15 Jahre unter Hausarrest.

Gezielte Kopfschüsse gegen Demonstranten

Derweil gehen die Sicherheitskräfte immer brutaler gegen die Demonstranten vor und setzen dabei offenbar gezielt tödliche Gewalt ein. Mindestens sieben der zehn Toten am Donnerstag starben Augenzeugen zufolge durch Kopfschüsse. Fotos in sozialen Netzwerken zeigten blutüberströmte Leichen. Zwei weitere Menschen erlagen am Donnerstag ihren Verletzungen aus den vergangenen Tagen. Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP zufolge wurden seit Beginn der Proteste mehr als 60 Menschen getötet.

In der Gemeinde Myaing im Zentrum des Landes habe eine Gruppe Menschen vor einer Polizeistation protestiert, um die Freilassung von drei zuvor festgenommenen Mitbürgern zu fordern, sagte ein Augenzeuge der Deutschen Presse-Agentur. "Die Polizei hat zunächst mit Tränengas und Gummigeschoßen gezielt und dann scharf geschossen", sagte der Mann. "Sechs Menschen sind gestorben, darunter einer meiner Freunde." Viele weitere seien verletzt worden.

In der Handelsmetropole Yangon starb der 25-jährige Chit Min Thu nach einem Schuss in den Kopf. "Ich habe erst kürzlich erfahren, dass seine Frau im zweiten Monat schwanger ist", sagte die Mutter des Mannes zu AFP. "Sie sind so grausam mit meinem Sohn umgegangen", sagte sie.

"Wir waren etwa 100 Teilnehmer. In vorderster Reihe standen Demonstranten mit selbst angefertigten Schutzschildern", sagte ein Augenzeuge. "Das Militär hat direkt auf sie gezielt." Es habe auch zwei Verletzte gegeben, so der Mann weiter.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf der Armee den vorsätzlichen und koordinierten Einsatz von Kriegswaffen gegen friedliche Demonstranten vor. Viele der dokumentierten Tötungen kämen außergerichtlichen Hinrichtungen gleich. Grundlage ist die Auswertung von mehr als 50 Videos durch das Crisis Evidence Lab von Amnesty.

Forderung nach Sanktionen

Das Außenministerium in Wien zeigte sich in einer kurzen Mitteilung auf Twitter entsetzt. Man sei "sehr besorgt über die weitere Verschlechterung der Situation in Mynamar. Die Anwendung tödlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung. Wir haben die kollektive Verantwortung, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die solche Verbrechen begehen."

Österreichs Grüne machen sich unterdessen für Sanktionsmaßnahmen gegen die Junta zumindest auf europäischer Ebene stark. "Dem furchtbaren Treiben einfach zuzusehen, kann für demokratische Staaten, welche die Universalität der Menschenrechte nicht als leeren Begriff erachten, keine Option sein", betonte die Menschenrechts- und Außenpolitiksprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, am Donnerstag.

"Die Burmaische Militärjunta führt offen Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Die Putschisten haben offenbar jeglichen Respekt vor menschlichem Leben verloren, Respekt vor dem Willen des Volkes hatten sie ohnehin nie", sagt Ernst-Dziedzic angesichts neuester Untersuchungen von Amnesty International. Demnach häufen sich Berichte, denen zufolge gezielt scharf auf Demonstranten geschossen würde. Auch die Nachricht, dass ein Abgeordneter der Partei NLD der vom Militär abgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi nach seiner Festnahme gestorben ist, sei zutiefst beunruhigend, so Ernst-Dziedzic.

Leider konnte sich der UNO-Sicherheitsrat am Mittwoch abermals nicht dazu durchringen, die Dinge beim Namen zu nennen und den Putsch als solchen zu verurteilen, von etwaigen Sanktionsmaßnahmen ganz zu schweigen, bemängelt die Abgeordnete. Staaten wie China, Russland, Indien und Vietnam würden dem Unrechtsregime nach wie vor die Stange halten. "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus", sagt Ernst-Dziedzic. Daher müsse man zumindest auf europäischer Ebene versuchen, entsprechende Sanktionsmaßnahmen voranzutreiben.

(APA/Reuters)

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