Morgenglosse

Krisenbonus für Mark Rutte

NETHERLANDS-POLITICS-VOTE
NETHERLANDS-POLITICS-VOTEAPA/AFP/POOL/PIROSCHKA VAN DE WO
  • Drucken

Die Niederländer setzten auf Kontinuität – und auf die Fähigkeiten des pragmatischen Regierungschefs als Krisenmanager. Ein Votum für die Rechts- und Linksliberalen.

Mark Rutte hat das Machtelixier gefunden. Die Niederländer schätzen ihren pragmatischen Premier mit dem bescheidenen Habitus. Bei der wegen der speziellen Umstände erstmals auf drei Tage ausgeweiteten Parlamentswahl haben sie ihm erneut das Vertrauen geschenkt und seine rechtsliberale Partei für Freiheit und Demokratie zum Wahlsieger gekürt – zum vierten Mal in Serie.

Eine vierte Amtszeit in Folge, überdies in wechselnder Konstellation, ist sehr selten in einer Demokratie, und Rutte folgt dem Beispiel einer Angela Merkel oder eines Benjamin Netanjahu. Dass mehr als 80 Prozent der Niederländer über ihre Volksvertreter abgestimmt haben, ist im Übrigen ein starkes Signal für eine vitale Demokratie, der die Coronakrise einem Stresstest unterzogen hat.

Nicht alles hat funktioniert in der niederländischen Corona-Politik. Aber wer kann das schon von sich behaupten angesichts einer Jahrhundertkrise? Ein zusammengespartes Gesundheitssystem, ein zunächst erratischer Zugang im Kampf gegen die Pandemie, ein zu spät ausgerolltes Impfprogramm: Rutte wälzte die Verantwortung an seinen Gesundheitsminister ab – so wie die Schuld am Kinderbeihilfe-Skandal im Jänner seinen ehemaligen sozialdemokratischen Sozialminister traf. Der Premier besitzt die Fähigkeit, unbeschadet aus derlei Affären herauszugehen – was für seine Popularität spricht.

Die Wahl war ein Votum für die Liberalen, die Rechts- wie die Linksliberalen in der Koalition. In Sigrid Kaag, der Parteichefin der D ´66 und zweiten Wahlsiegerin, erwächst Rutte indessen Konkurrenz. Die ehemalige polyglotte Diplomatin erstrahlt als neuer Fixstern am Firmament, während andere verglüht sind – allen voran der Rechtspopulist Geert Wilders. Der Rechtspopulismus ist deswegen aber nicht am Ende. Jüngere Demagogen haben die Bühne betreten. In der Regierung haben sie indessen nichts verloren. Das ist Konsens im Land, und darum geht von dieser Wahl auch ein Zeichen der Ermutigung für Europa aus.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.