Lago Maggiore

Seilbahnunglück in Italien: "Gabeln" mögliche Ursache für Kabelriss

Kurz vor dem Gipfel versagte vermutlich das Zugseil, doch die Notbremse, die einen Absturz verhindern wurde, war blockiert.
Kurz vor dem Gipfel versagte vermutlich das Zugseil, doch die Notbremse, die einen Absturz verhindern wurde, war blockiert.APA/AFP/Vigili del Fuoco/HANDOUT
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Die Staatsanwaltschaft prüft Videos eines Schweizer Seilbahn-Liebhabers, der die Bahn in Verbania seit 2014 mehrmals gefilmt hat. Möglicherweise wurden schon öfters die „Gabeln" zum Außerkraftsetzen der Notbremse eingesetzt.

Der massive Einsatz der sogenannten "Gabeln", die das Notbremssystem außer Kraft setzten, könnten im doppelten Sinne für das Seilbahnunglück am Lago Maggiore mit 14 Todesopfern am Pfingstsonntag verantwortlich gewesen sein. Sie könnten demnach zu viel Spannung auf das Seil ausgeübt und dadurch einen Bruch der Kabinenbefestigung verursacht haben. Dies ist eine Hypothese der Gutachter, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft Verbania die Ursachen des Unglücks am 23. Mai ermitteln.

Die aufwendigen technischen Untersuchungen erfordern den Zugang zum Inneren der Kabine, was derzeit noch nicht möglich ist. Eine zweite Inspektion am Unglücksort ist am kommenden Montag geplant, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Die Staatsanwaltschaft in der Kleinstadt Verbania prüft indes Videoaufnahmen, die aus den Jahren 2014 und 2018 stammen sollen. Das ZDF hatte am Dienstagabend in der Fernsehsendung "Frontal 21" über die Aufnahmen berichtet, wonach sich der Verdacht erhärtet, dass schon vor dem Unglück am Pfingstsonntag Gabeln genutzt wurden, um die Notbremse an den Gondeln zu blockieren.

Videoaufnahmen zwischen 2014 bis 2018

Dreimal filmte ein Schweizer Hobbyfilmers aus technischem Interesse die Seilbahn-Anlage am Berg Mottarone und zwar in den Jahren 2014, 2016 und 2018. In allen drei Fällen sind die Gabeln zu sehen, die die Notbremse außer Betrieb setzten. Dabei hatte der verdächtigte Techniker berichtet, dass das Sicherheitssystem erst Ende April außer Betrieb gesetzt worden war, nachdem es bei der Seilbahn zu "Anomalien" gekommen war. Der Betriebsleiter steht derzeit unter Hausarrest. Gegen ihn wird zusammen mit dem Seilbahn-Eigentümer und dem Betriebsdirektor ermittelt.

Nach dem Unglück am Pfingstsonntag war der Hobbyfilmer sein Material erneut durchgegangen und entdeckte die Gabeln. Der Schweizer hat jahrelang in der Seilbahnbranche gearbeitet. Privat sind die Bahnen und ihre Technik auch jetzt noch seine Leidenschaft. Wo es geht, filmt er die Anlagen und hat ein riesiges Archiv, berichtete das ZDF auf seiner Webseite am Dienstag. Die Videos wurden der ermittelnden Staatsanwaltschaft der Stadt Verbania am Lago Maggiore weitergeleitet. Staatsanwältin Olimpia Bossi will das Material prüfen.

Bei dem Gondel-Unglück am Pfingstsonntag waren 14 Menschen gestorben, darunter Familien, Paare und zwei Kinder. Ein fünfjähriger Bub überlebte als einziger, er wurde schwer verletzt. Er wurde am Dienstag aus der Intensivstation entlassen.

(APA)

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