Wilders: "Wir akzeptieren die Islamisierung nicht"

Wilders akzeptieren Islamisierung nicht
Wilders akzeptieren Islamisierung nicht(c) EPA (HANNIBAL�HANSCHKE)
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Während die niederländischen Christdemokraten Geert Wilders am Samstag als Mehrheitsbeschaffer der nächsten Regierung akzeptierten, ging der Kämpfer gegen den Islam auf Überzeugungstour nach Deutschland.

Kurz vor 15 Uhr ist endlich so weit. Geert Wilders tritt zum Mikrofon, um zu den über 500 Gästen im Hotel Berlin zu sprechen, die nicht nur aus verschiedenen deutschen Bundesländern, sondern etwa auch aus Österreich und der Schweiz angereist sind, um den niederländischen Rechtspopulisten live zu erleben. „Geert, wir lieben dich“, ruft eine Frau, bevor Wilders überhaupt zu sprechen begonnen hat.

Standing Ovations, zustimmendes Raunen und Applaus begleiten den Auftritt des anti-islamischen Wanderpredigers, der durch die Lande zieht, um für seine „International Freedom Alliance“ zu werben. Was macht die Attraktivität des groß gewachsenen, bubengesichtigen Mannes mit den weichen Zügen und dem blondierten Haarschopf aus, der dringend nachgefärbt gehört? Eher unbeweglich steht er da, spricht, deutsch übrigens, ohne große Gesten, ohne die Stimme zu erheben oder Pausen zu machen.

Wilders sucht Bestätigung. Und die bekam er an diesem Samstag gleich doppelt. In Berlin und bei dem zeitgleich abgehaltenen Parteitag der niederländischen Christdemokraten (CDA), die ihn als Mehrheitsbeschaffer für ihre Minderheitsregierung mit der rechtsliberalen VVD akzeptierten. Für ihn ein Durchbruch, hat er doch damit erstmals reale politische Macht in Händen.

Mozart mit schrägen Tönen. Charisma hat er wenig, aber Durchhaltevermögen, der 47-Jährige mit dem Spitznamen „Mozart“. Es ist wohl eher das, was er sagt, als wie er es sagt, was wie Musik in den Ohren seiner Anhänger klingt. Wilders ist hier, um vor den „Gefahren des Islam als totalitärer Ideologie“ zu warnen und zur „Verteidigung der jüdisch-christlichen Tradition und Kultur“ aufzurufen. Es sei ihm ein Anliegen gewesen, nach Berlin zu kommen, „weil Deutschland eine politische Bewegung braucht, welche die deutsche Identität verteidigt und sich der Islamisierung Deutschlands entgegenstellt“.

„Genau so eine Bewegung braut sich gerade zusammen“, freut sich ein Zuhörer. Eingeladen hat Wilders der CDU-Dissident René Stadtkewitz (45), den bis vor Kurzem kaum jemand kannte. Der „hohe“ Besuch aus Holland ist eine willkommene Werbung für seine im Entstehen begriffene Partei „Die Freiheit“, ganz ähnlich benannt wie Wilders' „Partei für die Freiheit“ (PVV). Stadtkewitz, der im Vorstand der islamkritischen „Bürgerbewegung Pax Europa“ sitzt, war 2009 aus der CDU ausgetreten, vorerst aber im Parlamentsklub der Stadt Berlin geblieben. Als er sich weigerte, Wilders wieder auszuladen, schloss ihn der Klub Anfang September aus. „Wie überall auf der Welt hast du auch in Deutschland viele, viele Freunde, lieber Geert“, so hat Stadtkewitz eingangs schon Stimmung gemacht. „Wenn wir den Islam kritisieren, richtet sich das nicht gegen Muslime“, sagt er, und Wilders wiederholt es wenig später. Vielmehr gehe es um die Ideologie: „Sie ist nicht moderat, sie hat globale Ambitionen und beabsichtigt, der Welt die Scharia aufzuzwingen.“ Der Saal tobt.

Wegen des gleichzeitigen Parteitags der niederländischen Christdemokraten über den Duldungsvertrag mit Wilders' PVV war eigentlich erwartet worden, dass sich der streitbare Politiker in Berlin eher zurückhalten würde. Doch Wilders zeigte wenig Rücksichtnahme. Er fügte vielmehr auch dieses Ereignis in seine Rede ein. Da die Christdemokraten zustimmten, dürfte die PVV bald als Mehrheitsbeschafferin „im Zentrum der Einflussnahme“ auf die Regierungspolitik stehen, wie es Wilders formuliert. „Das wäre ein historisches Ereignis für die Niederlande, und ich bin stolz darauf, ein bisschen dazu beigetragen zu haben.“ Vor vier Jahren hatte die PVV neun der 150 Sitze im Parlament gewonnen, bei den Wahlen im vergangenen Juni wurde sie mit 24 Abgeordneten drittstärkste Kraft. Klare Worte werden vom Hotel Berlin aus an die deutsche Bundeskanzlerin Merkel (CDU) gerichtet. „Wir sind nicht wie Frau Merkel, wir akzeptieren die Islamisierung nicht“, so Wilders programmatisch. Die Bundeskanzlerin hatte die zu erwartende Regierungsbildung unter Duldung Wilders' Partei bedauert und dessen fremdenfeindliche Politik kritisiert: „Es ist nicht unsere Art, Religionen in Bausch und Bogen zu verdammen.“ Mit ihrem Bedauern spreche Merkel nicht für die Mehrheit der Deutschen, ja nicht einmal für die Mehrheit ihrer Partei, donnerte Stadtkewitz, der dieser Partei bis vor Kurzem noch selbst angehörte.

Ihm wünscht Wilders „viel, viel, viel Erfolg mit deiner neuen Partei“, Deutschland sei wichtig als starker Partner für die „International Freedom Alliance“. Diese soll zu einer mächtigen internationalen Plattform und zunächst in fünf Staaten aktiv werden, die Wilders als „reif“ dafür ansieht: die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien – und eben Deutschland. In all diesen Ländern gebe es große muslimische Bevölkerungsgruppen, sie seien in hohem Maß der „Gefahr des islamischen Terrorismus“ ausgesetzt.


Gegendemonstration. Während im Hotel Berlin noch lange nach Wilders' Auftritt mit viel Eifer und ohne Maulkorb diskutiert wird, und zwar ganz in seinem Sinne, ist es draußen unerwartet ruhig geblieben. Zu den angekündigten Gegendemonstrationen, zu denen unter anderem das Bündnis „Rechtspopulismus stoppen“ aufgerufen hatte, waren höchstens 100 Menschen erschienen. Aus Sicherheitsgründen war der Veranstaltungsort bis zuletzt geheim gehalten worden. Wilders wurde von seinen ständigen Leibwächtern begleitet, auch die Berliner Polizei hatte schärfste Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2010)

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