Der lange Schatten der Vergangenheit: Wie die Geschichte Südosteuropas auch noch einen Fußballer im österreichischen Team-Dress prägt.
Der Juni ist anscheinend ein heikler Monat für die Beziehungen der Völker Südosteuropas. Da wäre einmal, als sozusagen magisches Datum, der Veitstag, der Tag des Heiligen Veit, Vidovdan genannt, laut Julianischem Kalender am 15. Juni, laut Gregorianischen Kalender am 28. Juni. An diesem Tag des 1389 standen sich auf dem Amselfeld das Osmanische Heer unter Sultan Murad und das serbische unter Fürst Lazar gegenüber. Die Osmanen gewannen – ein serbisches Trauma bis heute. Am Vidovdan des Jahres 1914 erschoss Gavrilo Princip, Mitglied einer serbisch-nationalistischen Untergrundorganisation, den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajewo und löste damit den Ersten Weltkrieg mit aus. Am 26. Juni 1991 brach der Zehn-Tage-Krieg aus, in dem Slowenien, angeführt vom heutigen, umstrittenen Ministerpräsidenten Janez Janša, um seine Unabhängigkeit kämpfte. Es war der Auftakt zum Zerfall Jugoslawiens. Den Startschuss hatte allerdings schon Slobodan Milošević mit seiner Amselfeld-Rede gegeben – am Vidovdan des Jahres 1989.
Ein seltsamer Torjubel im Juni 2021 ist da natürlich nichts dagegen. Und doch wirkt das historisch Geschehene gewissermaßen auch hier nach, ob bewusst oder unbewusst, es brach in der Emotion aus Marko Arnautović heraus. Aus der Schlacht auf dem Amselfeld ist jene auf dem Fußballfeld geworden.