Udo Andriof, der Sprecher des Bahnprojekts, hofft, die Gegner mit vernünftigen Argumenten zu überzeugen: "Wir wollen Vertrauen gewinnen, indem wir die Bauschritte erklären. Es ist viel Bürgerbeteiligung möglich."
Die Presse: Der Südflügel des Bahnhofs wird vorerst erhalten, bis Herbst 2011 werden keine weiteren Bäume im Schlossgarten gefällt. Eine „Beruhigungspille“ für die Gegner?
Udo Andriof: Wir machen im Moment nur, was man für den Baufortschritt braucht. Die Gegner des Projekts befürchten ja, dass zu schnell Fakten geschaffen werden. Durch die jetzigen Zusagen wollen wir Vertrauen gewinnen, indem wir die Bauschritte erklären und über die Einzelheiten des Ablaufs sprechen. Bei der künftigen Stadtentwicklung auf der frei werdenden Fläche ist noch viel Bürgerbeteiligung möglich.
„Stuttgart 21“ wird dennoch wie geplant realisiert?
Ja, es wird längerfristig keinen Baustopp geben. Das Projekt ist kein Schnellschuss, sondern wurde über Jahrzehnte geplant. Ein Ausstieg würde 1,5 Milliarden Euro kosten, dazu weitere 1,5 Milliarden, um die überalterten Gleisanlagen zu sanieren. Es gibt die gesetzliche Grundlage, bindende Verträge und die entsprechenden Genehmigungen, etwa für das Fällen der Bäume: Eine Provokation darin zu sehen, dass der Bauherr davon Gebrauch macht, ist für mich ein seltsames Rechtsverständnis. Der Schlossgarten wird im Übrigen 20 Hektar größer, 5000 neue Bäume werden gepflanzt.
Was bringt „Stuttgart 21“ Baden-Württemberg?
Ein Durchgangsbahnhof ist viel leistungsfähiger als ein Kopfbahnhof. Die Gegner wollen, dass der Bahnhof „oben bleibt“. Dieser Slogan und die Bilder, die derzeit von Baustelle und Bahnhof gezeigt werden, vermitteln einen falschen Eindruck. Denn das Hauptgebäude bleibt erhalten, inklusive Turm. Aber wie man sich dafür einsetzen kann, dass auch die Gleise oben bleiben, verstehe ich nicht. Es geht außerdem um die Anbindung an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz durch den Ausbau der Strecke Stuttgart–Ulm.
Das Bahnprojekt ist demokratisch legitimiert. Aber wie wollen Sie den massiven Widerstand in der Bevölkerung überwinden?
Ich vertraue darauf, dass wir das schaffen. Die Protestbewegung gegen Stuttgart ist ja keineswegs einheitlich. Wir setzen auf den vernünftigen Teil, der Argumenten zugänglich ist. Das Projekt wird zunehmend angenommen. Wir erhalten täglich Zuschriften des Inhalts: Haltet fest an „Stuttgart 21“, die Gegner sprechen nicht für die Mehrheit. e.m.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2010)