Internate

182 weitere Gräber von Kindern kanadischer Ureinwohner bei Schule gefunden

(210627) -- SASKATCHEWAN (CANADA), June 27, 2021 -- A member of the Cowessess First Nation stands at the site of unmarke
(210627) -- SASKATCHEWAN (CANADA), June 27, 2021 -- A member of the Cowessess First Nation stands at the site of unmarke(c) imago images/Xinhua (Amru Salahuddien via www.imago-images.de)
  • Drucken

Wieder wurden Dutzende anonyme Gräber in der Nähe eines Internats gefunden. Das Ausmaß der Todesfälle in katholisch-europäischen Umerziehungsschulen für Kinder aus den First Nations Kanadas schockiert das Land und die Welt.

In Kanada sind in der Nähe eines Internats für Kinder von Ureinwohnern weitere 182 anonyme Gräber gefunden worden. Experten setzten bei Suchaktionen in der Umgebung des Saint Eugene's Mission School in Crankbrook in der Provinz British Columbia im Westen des Landes Bodenradargeräte ein, wie die dortige indigene Gemeinschaft am Mittwoch mitteilte. Sie seien so vermutlich auf die sterblichen Überreste von Schülern des Internats gestoßen.

>> Das Grauen der Vergangenheit holt Kanada ein [premium]

Zuvor hatten bereits zwei ähnliche Funde das Land erschüttert. Auf dem Gelände eines früheren katholischen Internats nahe der Kleinstadt Kamploops in der Provinz British Columbia waren Ende Mai 215 Kinderleichen gefunden worden. Daraufhin wurden in ganz Kanada mit Unterstützung der Behörden Ausgrabungen in der Nähe ehemaliger Schulen für Kinder von Ureinwohnern vorgenommen. Bei einem anderen katholischen Internat in Marieval in der Provinz Saskachewan stießen die Experten dann auf weitere 751 anonyme Gräber.

Umerziehung in katholischen Schulen bis in die 1990er-Jahre

In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 3200 dieser Kinder, die meisten an Tuberkulose. Die letzten dieser Schulen schlossen erst in den 1990er-Jahren.

Viele indigene Gemeinschaften machen die Heime, die ganze Generationen geprägt haben, heute für soziale Probleme wie Alkoholismus, häusliche Gewalt und erhöhte Selbstmordraten unter den Indigenen verantwortlich. Ottawa entschuldigte sich im Jahr 2008 offiziell bei den Überlebenden der Internate. Sie seien Opfer eines "kulturellen Genozids", stellte eine Untersuchungskommission im Jahr 2015 fest.

Brände in Kirchen

Dennoch war den zahlreichen Berichten über Missbrauch und hohe Todesraten in den sogenannten Residential Schools nie ernsthaft nachgegangen worden. Kanadas Regierungschef, Justin Trudeau, sagte in der vergangenen Woche, das Land müsse "Lehren aus der Vergangenheit ziehen", deutete aber auch an, die Schuld liege Größtenteils bei der katholischen Kirche.

In den vergangenen Tagen sind in indigenen Reservatsgebieten in Kanada mehrere katholische Kirchen in Flammen aufgegangen. Die Behörden bezeichneten diese Brände Medienberichten zufolge als "verdächtig"; mancherorts wurden Hinweise auf Brandbeschleuniger gefunden.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

CANADA-MINORITIES-DISCRIMINATION-DEATH-INDIGENOUS-EDUCATION
Ottawa

Katholische Kirchen in Indigenen-Gebieten in Kanada niedergebrannt

Wenige Wochen nach dem Fund sterblicher Überreste bei katholischem Internat, wurden zwei katholische Kirchen durch Feuer zerstört.
Angehörige der Mosakahiken Cree Nation trauern auf dem Gelände des früheren Indigeneninternats von Kamloops.
Indigene

Das Grauen der Vergangenheit holt Kanada ein

Der Fund Hunderter neuer unmarkierter Kindergräber auf dem Gelände eines früheren katholischen Internats für Ureinwohner steigert das Entsetzen angesichts eines Schandkapitels der Geschichte.
Evelyn Camille (82) überlebte die Zeit an der Kamloops Indian Residential School. 215 andere Kinder nicht.
Weltjournal

UNO und Trudeau fordern Aufklärung von Schicksal indigener Kinder

Kanadas Regierungschef droht der katholischen Kirche wegen der Vorgänge in Internaten mit Justiz. Der Papst ernannte einen neuen Nuntius für Kanada.
Menschen versammeln sich, um der toten Kinder auf dem Geländer der Kamloops Indian Residential School zu gedenken. (Archivbild)
Ureinwohner

Überreste von 761 Personen auf Internatsgelände in Kanada gefunden

Nach dem Fund der sterblichen Überreste von 251 Kindern auf dem Gelände einer ehemaligen Schule erschüttert neuerlich die Entdeckung eines Massengrabs Kanada. Bei den 761 Toten dürfte es sich wieder hauptsächlich um Kinder handeln.
215 Paar Schuhe erinnern auch im Kahnawake Mohawk Territory in Quebec an das Schicksal der Kinder im katholischen Internat Kamloops im Bundesstaat British Columbia.
Kanada

Trudeau erschüttert über Fund sterblicher Überreste von 215 Kindern

Das tragische Ende der Internate sei „noch heute präsent“, sagt der kanadische Premier und versprach "konkrete Maßnahmen". In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von indigenen Gruppen unter Zwang in kirchliche Heime gesteckt worden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.