Die Extremisten der Taliban setzen den Eroberungszug in Afghanistan fort. Sie verbreiten Terror: mit Morden, Entführungen und dem Aufruf, Mädchen müssten Taliban-Kämpfer heiraten. Die 21-jährige Mahsa ist vor den Taliban aus ihrem Dorf nach Kabul geflohen. Doch auch hier ist sie nicht sicher. Die Menschen in der Hauptstadt bereiten sich auf das Schlimmste vor.
Es war eine beschwerliche Reise voller Gefahren. Die 21-jährige Afghanin musste weite Umwege machen, über schmale Bergstraßen, um nur ja nicht den Extremisten in die Hände zu fallen. „Wir haben zuerst eine direkte Route nach Norden genommen, die nicht so lang gewesen wäre“, erzählt Mahsa im Telefongespräch mit der „Presse“. „Doch plötzlich hörten wir, dass die Taliban einen Minibus überfallen haben, der vor uns unterwegs war.“ Die Reisenden wurden aus dem Minibus geholt und verschleppt. Also hieß es für Mahsa und die anderen umkehren. „Wir haben dann einen viel längeren Weg genommen, erst nach Bamiyan und dann weiter nach Kabul. Dem Fahrer mussten wir dafür doppelt so viel Geld bezahlen wie zunächst vereinbart.“
Die Flucht aus ihrem Dorf in der Provinz Ghazni glich für Mahsa einem gefährlichen Spießrutenlauf: Sie musste ständig auf der Hut sein vor überraschenden Schlägen der Taliban; musste sich vorbeischummeln an den Kontrollposten, mit denen die Extremisten das Gebiet zwischen Ghazni und Kabul schon durchzogen haben. Seit vielen Monaten rücken die Taliban im ganzen Land vor. Mit dem Abzug der internationalen Truppen hat sich ihr Vorstoß noch enorm beschleunigt. Binnen weniger Tage fiel die zweite Provinzhauptstadt am Sonntag in ihre Hände.