Konjunktur

Wirtschaftsaufschwung erreicht den Plafond

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++ THEMENBILD ++ WOHNUNGSBAU/BAU/ARBEITSMARKT/KONJUNKTUR - KRAeNE AUF BAUSTELLE IN WIENAPA/HARALD SCHNEIDER
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Die Wirtschaft läuft auf Hochtouren, die Preise steigen ebenfalls, auch die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt sich. Doch bald scheint der Zenit erreicht.

Die Erholung der österreichischen Wirtschaft hält nach Einschätzung des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo an. Die Dynamik hat sich aber etwas abgeschwächt und dürfte bald – noch in den Sommermonaten – den Plafonds erreichen. So steht es im monatlichen Konjunkturbericht, der am Dienstag präsentiert worden ist. Im Juli dürfte die Wirtschaftsleistung rund 6,7 Prozent über dem gleichen Vorjahresmonat gelegen sein. Somit hat die Wirtschaftsaktivität das Vorkrisenniveau erreicht. Deutlich beschleunigt hat sich die wirtschaftliche Erholung durch die Aufhebung der behördlichen Corona-Einschränkungen in vielen Branchen. Angebotsseitig betraf dies vor allem konsumnahe Dienstleistungen wie Handel, Gastronomie, Beherbergung und körpernahe Dienstleistungen. Die günstige Industrie- und Baukonjunktur hielt laut Wifo an.

Die positive Wirtschaftslage zeige sich auch an den kürzlich veröffentlichten Zahlen von Eurostat. Demnach wuchs Österreichs Wirtschaft im zweiten Quartal deutlich höher als im EU-Durchschnitt oder im Vergleich mit Deutschland. Von den veröffentlichten Ländern sei Österreich auf Rang zwei in der EU gelegen. „Das ist ein Beleg dafür, dass Österreich gut durch die Krise gekommen ist und die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnt“, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Dienstag.

Vorlaufindikatoren deuten laut Wifo auf ein Anhalten der Aufschwungphase hin. Die Ergebnisse des Wifo-Konjunkturtests von Juli zeigten erneut eine Verbesserung der Lagebeurteilung, wenngleich sich die unternehmerischen Erwartungen leicht eintrübten. Dass sich die Konjunktureinschätzungen nicht mehr so deutlich verbesserten wie in den Monaten davor, dürfte dem bereits hohen Niveau der Indikatoren geschuldet sein. Daher werde die Wachstumsdynamik demnächst den Plafond erreichen.

Überdurchschnittlich hohe Inflation

Der Aufschwung bringt aber eine deutliche Teuerung mit sich. Im Juni lag die Inflationsrate bei 2,8 Prozent. Das sei erneut merklich über dem Euroraum (+1,9 Prozent) gewesen. Weiterhin würden die Energiepreise wesentlich zur Teuerung beitragen, ihr Anstieg sei aber auf das niedrige Preisniveau des Vorjahres zurückzuführen. Auch in Restaurants und Hotels seien die Preise deutlich gestiegen – dagegen hätten sich jene von Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken kaum verändert.
Besonders starke Preissteigerungen gibt es in der Baubranche. Die Baupreise lagen im zweiten Quartal laut Statistik Austria um 4,9 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum, nach plus 2,8 Prozent im ersten Quartal. Besonders kräftig war die Erhöhung im Hochbau mit plus 7,4 Prozent – dabei verteuerte sich der Wohnhaus- und Siedlungsbau um 7,2 Prozent. Im Tiefbau stiegen die Preise um 1,4 Prozent. Im Vergleich zum ersten Quartal 2021 stieg der Baupreisindex für den Hoch- und Tiefbau um 2,7 Prozent.

Die gute Wirtschaftslage werde auch für Entspannung auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Die Ökonomen von UniCredit Bank Austria orten hier eine rasche Erholung. Sie erwarten im heurigen Jahresdurchschnitt eine Arbeitslosenquote von 8,3 Prozent und gehen davon aus, dass 2022 das Vorkrisenniveau erreicht werden kann.

Der aktuelle Rekordstand an offenen Stellen weist laut der Bankhaus-Analyse auf eine deutliche Verschlechterung der Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage seit Erholungsbeginn hin. Die Anzahl an offenen Stellen in Relation zum Arbeitskräfteangebot stieg bis Mitte 2021 auf 2,5 Prozent. Vor der Pandemie waren es zwei Prozent, bis 2016 weniger als ein Prozent.

Nun brauche es ein Umschalten aus dem Krisenmodus. Die Bank Austria spricht sich für einen Fokus auf Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Umschulungsoffensiven aus. Das sei für den langfristigen Erhalt des Wohlstands in Österreich notwendig.

„Die Kriseninterventionspolitik während der Pandemie hat auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ihre Aufgabe offensichtlich gut erfüllt“, sagt Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria. „In der laufenden Konjunkturerholung verbessert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt überraschend schnell, und negative strukturelle Langzeitfolgen scheinen weitgehend auszubleiben.“ Mit dem Ende der Pandemie in Sichtweite müsse nun jedoch rasch der Fokus in der Arbeitsmarktpolitik auf das Problem der schleichend schwindenden Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage gestellt werden, das sich in den vergangenen Monaten wieder deutlich verschärft habe.
Die Erholung der österreichischen Wirtschaft aus der pandemiebedingten Doppelrezession hat die Lage auf dem Arbeitsmarkt im ersten Halbjahr 2021 jedenfalls rasch verbessert, heißt es in der Analyse. Die Anzahl der unselbstständig Beschäftigten in Österreich ist zu Beginn des zweiten Halbjahres auf mehr als 3,8 Mio. gestiegen und hat damit das Rekordniveau von vor Ausbruch der Pandemie fast wieder erreicht. Im Gegenzug ist die Anzahl der Arbeitssuchenden bis Juli 2021 auf saisonbereinigt 320.000 Personen gesunken, liegt damit allerdings noch um rund 30.000 über dem Vorkrisenniveau.
Die Ursache der aktuell höheren Arbeitslosigkeit ist formal der Anstieg des Arbeitskräfteangebots in Österreich auf einen neuen Höchststand von 4,15 Millionen. Das Arbeitskräfteangebot liegt um fast 35.000 Personen über dem Vorkrisenniveau. Rein rechnerisch entspricht dies fast der zusätzlichen Anzahl an Arbeitslosen. (APA/red.)

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