Schmied legt Forderungen für Schulreform vor

Schmied legt Forderungen fuer
Schmied legt Forderungen fuer(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Die Ministerin wehrt sich gegen die "Verländerung" der Schule - und drängt auf neue Strukturen in der Lehrerausbildung. Fünf Punkte, "die jedenfalls umgesetzt werden müssen", umfasst ihr Konzept.

Wien. Die Fronten in der jüngsten Kontroverse um eine Schulreform verhärten sich: Unterrichtsministerin Claudia Schmied erteilt den Forderungen der ÖVP-geführten Länder im Gespräch mit der „Presse“ eine Abfuhr – und hält mit einem Fünf-Punkte-Konzept dagegen: „Ich will eine gute Lösung für Österreich.“ Die ÖVP ist in der vergangenen Woche mit einem Papier in die Verhandlungen um die Reform der Schulverwaltung gegangen, das den Ländern vom Lehrerdienstrecht bis hin zur Schulorganisation weitreichende Kompetenzen zusichern soll – und die Bundes-SPÖ verärgert. Diese will die Kompetenzen beim Bund bündeln und sah sich mit der ÖVP-Bundespartei auf einer Linie. Bis Mitte der Woche bekannt wurde, dass die Forderung der Länder längst mit dem schwarzen Parteichef und Vizekanzler Josef Pröll akkordiert sein sollen.

Den Verhandlungen will Schmied nicht vorgreifen – Härte demonstriert sie dennoch: Fünf Punkte, „die jedenfalls umgesetzt werden müssen“, umfasst ihr Konzept. Unerlässlich sei „ein einheitliches Konzept der Schulorganisation und der Qualitätssicherung für ganz Österreich“, so Schmied. „Und zwar vom Neusiedler See bis zum Bodensee.“ Um auf Entwicklungen im Bildungssektor rasch und effizient reagieren zu können, müssten sowohl Gesetzgebungs- als auch Ausführungskompetenz in Bundeshand liegen. Den Wünschen der Länder, die mehr Spielräume für „länderspezifische Schulmodelle“ einfordern, widerspricht das.

Bundeslehrer, Landeslehrer

Landeslehrer (Pflichtschullehrer) sind die rund 77.000 Pädagogen an den Volks-, Haupt-, und Sonderschulen sowie an den Polytechnischen und den Berufsschulen. Bundeslehrer sind die rund 21.000 Pädagogen an den AHS und ihre rund 22.000 Kollegen an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen wie HTL oder HAK.Mehr dazu...

Flucht in Privatschulen vermeiden

Es könne nicht sein, dass etwa manche Länder „unter dem Deckmantel der Vielfalt“ unkoordiniert Gesamtschulmodelle einführen, während anderswo die Trennung zwischen Gymnasium und Hauptschule aufrechtbleibe, so die Ministerin. Bereits in anderen Ländern, etwa Spanien, sei der Föderalismus im Schulsystem gescheitert. Auch Elternvertreter äußerten die Angst, dass eine „Verländerung“ den Schulwechsel zwischen den Bundesländern verunmöglichen würden. Eine Zersplitterung mache zudem den Weg für eine Flucht in die Privatschulen frei. Die Landeschefs weisen dies zurück.

Auch die Lehrerausbildung müsse zentral vom Bund gesteuert werden, so die Ministerin. Sie arbeitet derzeit mit Uni-Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) an der lange angekündigten Reform der Ausbildung, Details werden derzeit nicht verraten. Im „Presse“-Gespräch denkt Schmied aber weitreichende Änderungen an. Derzeit ist die Lehrerausbildung auf zwei Institutionen strikt aufgeteilt: An den Pädagogischen Hochschulen werden die künftigen Pflichtschullehrer unterrichtet, an den Unis die Lehrer für alle höheren Schulen. „Hier muss die Verantwortung für die gemeinsame Lehrerbildung in den jeweiligen regionalen Clustern eindeutig geklärt werden.“ Wichtig sei, dass die Federführung bei einer Institution liege, die sich in vollem Umfang der Lehrerbildung widme, während andere Institutionen in ihrem Spezialgebiet Know-how und Fachkompetenz bieten. Münden könne all dies in ein Modell der „Pädagogischen Uni“, so Schmied. „Das ist ein Entwicklungsprozess. Darüber werden wir intensive Gespräche führen.“ Sie wünscht sich eine stärkere Zusammenarbeit von PH und Unis. Positive Erfahrungen gebe es in Kärnten, wo Uni und PH Klagenfurt eng kooperieren.

ÖVP-Bildungspapier noch im Herbst

Auch in einem dritten Punkt – nämlich beim Lehrerdienstrecht – will die Ministerin nicht diskutieren: Sie will ein einheitliches Dienstrecht für alle Pädagogen an Pflichtschulen und höheren Schulen. Der Einfluss der Landesfürsten auf Direktorenbestellungen und Personalrochaden wäre damit minimiert.

In der Frage der Bildungsreform will Schmied nun „rasche Entscheidungen“. Österreich habe keine Zeit zu verlieren: „Ich benötige keine Gutachten, Expertengruppen und Kommissionen mehr. Die Konzepte für die Zukunft des Schulsystems liegen bereits vor.“ Jetzt gehe es um die Umsetzung.

Zuletzt will Schmied eine Diskussion frei von taktischem und ideologischem Geplänkel: „Wir müssen die gesellschaftspolitischen Notwendigkeiten endlich vor die Parteipolitik stellen.“ Hoffnungen setzt sie dabei in die Chefin ihres Spiegelressorts, Beatrix Karl.

Ob Schmieds Wunsch in Erfüllung geht, bleibt abzuwarten: Gerade in der bildungs- und hochschulpolitischen Debatte verlaufen die Gräben zwischen den Koalitionspartnern tief. Richtungsweisend wird wohl das ÖVP-Bildungspapier, mit dem sich die Partei neu aufstellen will. Es soll noch im Herbst präsentiert werden.

Auf einen Blick

Die Schulreform ist heftig umstritten. Vor allem die ÖVP-geführten Länder wollen die Kompetenzen für die Schulverwaltung und Schulorganisation an sich ziehen. Die SPÖ-Landeshauptleute zeigen sich zurückhaltend und verweisen darauf, dass die vorgelegten Konzepte nicht mit ihnen abgestimmt seien. Schulministerin Claudia Schmied will alle Kompetenzen für den Bund. Burgenlands Landeschef Hans Niessl (SPÖ) will morgen, Dienstag, einen Kompromiss präsentieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2010)

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