„Verländerung“ der Lehrer: Kaum Chance auf Einigung

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bdquoVerlaenderungldquo Lehrer Kaum Chance(c) Clemens Fabry
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Analyse. Die SPÖ dürfte der ÖVP nicht zustimmen, dass die Bundeslehrer zu den Ländern wandern. Möglicher Kompromiss sind neue „Bildungsdirektionen“.

[WIEN] Die Landeschefs wollen die Bundeslehrer „verländern“. Die Länder sollen demnach künftig selbst dafür zuständig sein, die Lehrer an höheren Schulen einzusetzen und aufzuteilen. Auch über die Einrichtung von Gesamt- oder Ganztagsschulen sollen sie künftig selbst entscheiden dürfen. Der Bund soll nur noch Bildungsziele vorgeben und kontrollieren. Mit Josef Prölls ÖVP dürfte diese Linie bereits akkordiert sein („Die Presse“ berichtete). Doch haben die Landeschefs unter dem Vorsitz von Niederösterreichs Erwin Pröll (ÖVP) überhaupt eine Chance, ihre Vorstellungen durchzusetzen?
Selbst in ÖVP-Kreisen ist man sich sicher, dass der Plan nicht eins zu eins umgesetzt werden wird, wie Erwin Pröll & Co. sich das vorstellen – und wie sie das Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) bei einer Sitzung am kommenden Dienstag vorschlagen wollen.
Denn die SPÖ dürfte ihrem Koalitionspartner ÖVP in der Frage die Gefolgschaft verwehren. Die Kanzlerpartei befürchtet, dass es bei einer „Verländerung“ der Bundeslehrer zu einem Auseinanderdriften der neun Bundesländer in der Bildungspolitik käme. So könnte es – zum Beispiel – in Wien zu einem flächendeckenden Gesamtschulmodell kommen, während sich in westlichen Bundesländern die bestehende Trennung der Zehnjährigen in Haupt- und AHS-Schüler festigt. Österreichweite bildungspolitische Reformen wären unmöglich, argumentiert Schmied.

Ohne die Stimmen der SPÖ wird es mit einer „Verländerung“ der Bundeslehrer aber nicht klappen. Denn für solche Kompetenzverschiebungen braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. SPÖ-Bildungssprecher Elmar Mayer geht vielmehr davon aus, dass sein Klub sogar auf ein Papier aus dem Frühjahr pochen wird, wonach die Landeslehrer an den Pflichtschulen in Bundeskompetenz kommen, statt dass die Bundeslehrer zu den Ländern wandern. Doch einen solchen Machtverlust werden die Länder auf jeden Fall ablehnen.

Oberösterreich als Vorbild

Der Kompromiss könnte in „Bildungsdirektionen“ liegen, die dann sowohl die bisherigen Bundes- als auch die Landeslehrer verwalten, heißt es. Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) soll derzeit an einem entsprechenden Papier feilen. In den „Bildungsdirektionen“ – einer pro Land – würden die bisherigen Bezirksschulräte und die Landesschulräte aufgehen. Die Schulverwaltung und -organisation wäre somit einfacher und effizienter.
Geht es nach den Ländern, dann sollten die Direktionen Landesbehörden sein. Dem Bund schweben die Direktionen naturgemäß als Bundesbehörden vor, eine Einigung steht aus. Als möglich gilt, dass die Chefs der Direktionen dann beide Rollen spielen: Für die AHS- und BHS-Lehrer verhandeln sie als Bundesbehörde, für den Pflichtschulbereich werden sie aber im Namen des Landeshauptmanns oder der Landeshauptfrau aktiv.
Bei der Finanzierung gilt Oberösterreichs Landesschulrat (LSR) als Vorbild, der zu 40 Prozent vom Land und zu 60 Prozent vom Bund getragen wird. Denn er ist Vorreiter eines vereinfachten gemeinsamen Modells: Schon seit den 60er-Jahren verwaltet der LSR – als Bundesbehörde – alle Lehrer, auch die Pflichtschullehrer; Niederösterreich oder die Steiermark ziehen bereits nach. LSR-Präsident Fritz Enzenhofer: „Alles gehört in eine Hand. Das ist direkt, schneller und effizienter.“s

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2010)

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