Der Kurde Ali Deniz absolvierte zwei Studien in Istanbul. Als Lehrer in Österreich ist er dennoch nicht unumstritten.
Ali Deniz nahm einiges auf sich, um als Hauptschullehrer an einer österreichischen Schule unterrichten zu können. Der gebürtige Kurde hatte Mathematik in Istanbul studiert und bereits in der Türkei an zwei verschiedenen Schulen unterrichtet. Als er nach Österreich kam, hielt er sich zuerst mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Zurück hinter das Lehrerpult konnte er erst nach zehn Jahren wieder. In dieser Zeit absolvierte er ein weiteres Studium. Diesmal an der Pädagogischen Hochschule in Wien. Doch trotz seines Fachwissens sorgt er an der Franz-Jonas-Europaschule im 21.Bezirk für Kontroversen.
Es gäbe keinen direkten Konflikt zwischen ihm und den Schülern, sagt er. Aber er spüre und höre „gewisse Dinge“. Wie könne ein Ausländer denn eigentlich Lehrer werden? An solche und ähnliche Fragen seiner Schüler hat sich Deniz bereits gewöhnt. Es sei nicht die Schuld der Kinder, es sei deren Erziehung, die derartige Reaktionen hervorrufe, sagt er. Der 55-Jährige kann seine Wurzeln nicht verleugnen. Sein Akzent ist sehr stark, ihn zu verstehen fällt teilweise schwer. Das sorgte schon für die eine oder andere Beschwerde beim Direktor.
Manchmal, und zwar dann, wenn Kinder mit türkischem Migrationshintergrund Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen, werde auch während der Stunde Türkisch gesprochen, meint Deniz. Zum Ärger der übrigen Schüler: „Im Unterricht darf man nicht Türkisch sprechen, Herr Lehrer“, mahnen sie. Es sind aber nicht nur die Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, die für Unmut sorgen. Auch bei türkischen Eltern sorgt Deniz für Aufregung: Einen Kurden wollen nicht alle als Lehrer ihrer Kinder akzeptieren.
Als Vorbild für die Kinder mit Migrationshintergrund in seiner Klasse sieht sich Deniz nicht. Eher wirkt er desillusioniert. „Integration funktioniert einfach nicht gut“, meint er. Die Konflikte zwischen den einzelnen Schülern unterschiedlicher Herkunft seien der Beweis dafür. Vielen Kindern werde die Möglichkeit zur Integration verwehrt: „Sie leben in geschlossenen Gemeinschaften und haben kaum Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft“, kritisiert er.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2010)