Streamingtipps

Nie mehr Schule ist auch keine Lösung

Auch ohne Corona ist Schule oft kein Zuckerschlecken. Aber doch ein Ort, an dem zwischen den Pflichten auch persönliche Entfaltung möglich ist. Fünf Serien, die das Schöne wie das Schlechte am Schulalltag in den Blick nehmen.

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Sex Education

Aufklärung, klug und lustig
3 Staffeln, auf Netflix

„Ich finde nicht, dass Schule angenehm sein sollte“, sagt die neue Direktorin der Moordale High School in Staffel drei. „Ich finde, Schule sollte hart sein und herausfordernd.“ Dabei hatte sie doch so cool gewirkt am Anfang, als sie die Leitung der von (sexuell konnotierten) Skandalen gebeutelten Schule übernommen hatte! Doch dann führt sie strenge Regeln und Schuluniformen ein. Die defekte WC-Anlage lässt sie abreißen – in der Teenager Otis (Asa Butterfield) und die coole Außenseiterin Maeve (Emma Mackey) zwei Staffeln lang ihre „Sexklinik“ betrieben und Mitschülern aufklärende Sextipps gegeben haben.

Der Abriss ist symbolisch: Serienmacherin Laurie Nunn hat den Anspruch, die Serie zu verändern und auf eine andere Ebene zu heben. Das gelingt noch besser als in Staffel zwei, in der manche Protagonisten fremd wirkten. Von diesen nuancierten, komplexen und oft witzigen Figuren lebt „Sex Education“, allen voran natürlich Otis' Mutter (Gillian Anderson) und sein bester Freund (Ncuti Gatwa). Mit der neuen Direktorin (Jemima Kirke) kommen neue Debatten: der Umgang mit nonbinären Schülern etwa. Mutig. Und schön: In diesem malerischen Landstrich (gedreht in Wales) scheint ein ewiger Frühherbst zu herrschen. (her)

Everything Sucks!

Als Schulalltag noch schludrig war
1 Staffel, auf Netflix

Ja ja, die Neunziger . . . angeblich eine Zeit, in der „alles beschissen“ war (so eine mögliche Übersetzung des Titels dieser charmanten High-School-Serie), dadurch aber auch ein bisserl wurscht und ein bisserl lässig. Eine Zeit, in der Schule vornehmlich dem „Abhängen“ diente – und in der Jugendprobleme wie Mobbing und sexuelle Orientierungslosigkeit mit etwas Herz und Kreativität gemeistert werden konnten. Na gut: „Everything Sucks!“ ist nicht ganz frei von Nostalgie. Aber mit den sympathisch zwischen Frühreife und Unbedarftheit schwankenden Hauptfiguren aus der Kleinstadt Boring, Oregon (die es tatsächlich gibt), mit dem schludrigen Ambiente, das an Richard Linklaters Schulfilmklassiker „Dazed and Confused“ (1993) erinnert, da gibt man sich dieser Serie, in der Videokassetten und Oasis noch die Welt retten können, gerne hin. (and)

Deadly Class

Wie man lernt, ein Killer zu sein
1 Staffel, auf Netflix

So kaputt wie hier sind Schüler nirgends: In die elitäre King's Akademie schicken Verbrecherfamilien ihren Nachwuchs. Der obdachlose Marcus bekommt so etwas wie ein Stipendium; er hat vielversprechende Anlagen als Mörder. Giftkunde steht ebenso am Stundenplan wie Nahkampf, Psychopathen kommen als externe Lehrende – und abends soll man sich auch mal jemanden suchen, der es verdient hat, zu sterben. Dazwischen Partys, Schulball und Nachsitzen. Die Comic-Ästhetik ist ansprechend, der moralische Kompass der blutigen Serie dreht sich derweil wirr im Kreis. (rovi) Netflix

Disneys Große Pause

Schule als Gesellschaftsminiatur
10 Staffeln, auf Disney+

Bevor die raffinierte Parallel-Bespaßung von Kindern und Erwachsenen zum guten Ton in der Trickfilmbranche gehörte, schafften nur wenige Serien diesen prekären Spagat. Eine davon war „Disneys Große Pause“. Im Zentrum steht ein ungleicher Trupp von Schulfreunden: Die Rebellin, der Nerd, die Begabte, der Sanfte, der Sportler, der Schlawiner. Allesamt Außenseiter, lavieren sie mit vereinten Kräften zwischen den Pausenhof-Machtblöcken. Trotz des altmodischen Formats – ein albernes Abenteuer pro Folge – gelang es der Show, seine Figuren weiterzuentwickeln. Und ihnen authentische Facetten abzuringen. Der Satire-Aspekt der Sendung erinnert derweil an die „Simpsons“ – nur ohne Zynismus. (and)

Grand Army

Schule als hartes Pflaster
1 Staffel, auf Netflix

Die will doch nur Aufmerksamkeit. Sagt die Lehrerin, die der Jugendlichen Joey vorwirft, zu freizügig angezogen zu sein. Sagt Tim, der in Joey verliebt ist – und den es schmerzt, wenn sie nicht nur mit ihm rummacht, sondern auch mit seinen Freunden. Und jedes Mal zuckt Joey kurz zusammen. Sie ist beliebt und selbstbewusst, sie setzt sich demonstrativ ohne BH in den Unterricht und zieht ihrer Freundin am Schulklo mit sicheren Fingern das Kondom aus der Vagina, das sich dort verheddert hat. Nennt jemand sie eine Schlampe, dann wehrt sie sich eloquent. Dass sie auch verletzlich ist, erlaubt sie sich nicht zu zeigen – wie alle Protagonisten hier, die eine große öffentliche High School auf der Grand Army Plaza in Brooklyn, New York, besuchen.

Es ist ein hartes Pflaster: In kühlen, düsteren Bildern, die auch die hässlichen Ecken der Großstadt zeigen, fängt die Serie (1 Staffel, 2020) die Unsicherheiten einer Jugend ein, die in einer komplexen Welt ihren Platz sucht und dabei mit sexueller Gewalt, Rassismus, Identitätsfragen und dem Wunsch nach Anerkennung zu ringen hat. Serienmacherin Katie Capiello hat dafür ihr Theaterstück „Slut“ adaptiert. Ein ungeschöntes Adoleszenz-Panorama. (kanu)

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