"Kompletter Witz"

Allianz zu Kohleausstieg ohne China und USA "unzureichend"

Kohlekraftwerk Bełchatów, Polen
Kohlekraftwerk Bełchatów, PolenREUTERS
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18 Länder wollen ihre Kohlekraftwerke auslaufen lassen, über 40 verpflichten sich zum Komplettausstieg. China, Indien und die USA sind nicht dabei. Der britische Wirtschaftsminister sieht trotzdem einen „Meilenstein“. Für Klimaaktivisten ist die Vereinbarung unzureichend.

Bei der UN-Klimakonferenz im schottischen Glasgow hat eine Zusage zum Ausstieg aus der Kohleenergie die Unterstützung wichtiger Länder wie China und den USA verfehlt. Der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng meint dennoch, dass "das Ende der Kohle" in Sicht sei. Er spricht von einem „Meilenstein“. Der Präsident des Klimagipfels Alok Sharma kündigte bereits im August an, er wolle Kohlestrom in die Geschichtsbücher verweisen. Kohlekraft wird aber trotz der neuen Versprechen noch länger aktuell bleiben.

Wie die britische Regierung mitteilte, sagten 18 Staaten erstmals zu, den Betrieb ihrer Kohlekraftwerke auslaufen zu lassen und nicht in neue zu investieren. Darunter sind auch Staaten wie Polen, Vietnam und Chile. Mehr als 40 Länder bekannten sich zu einem kompletten Ausstieg aus der Kohle in den 2030er-Jahren für große Volkswirtschaften und in den 2040er-Jahren im Rest der Welt.

Die größten Kohle-Nutzer wie China, die USA, Indien und Australien schlossen sich der Vereinbarung jedoch nicht an. Laut der Statistical Review of World Energy von BP war China vergangenes Jahr allein für etwa 54,3 Prozent des weltweiten Kohleverbrauchs verantwortlich, Indien für etwa 11,6 Prozent. Die Energiegewinnung durch Kohle ist der größten Treiber der weltweiten Klimaerhitzung. Der Ausstieg aus Kohle ist also essentiell zur Erreichung der Klimaziele.

„Es ist ein kompletter Witz“

Dementsprechend enttäuscht sind Klimaaktivisten. Die polnische Klimaaktivistin Dominika Lasota bezeichnet die neue Allianz zum Kohleausstieg gegenüber der Nachrichtenagentur AFP als einen „kompletten Witz“. Sie erwartet, dass etwa Polen in der Vereinbarung Schlupflöcher finden werde, um weiter zu machen wie bisher und den Kohleausstieg erst zum letztmöglichen Datum zu vollziehen. In Bełchatów in Polen ist derzeit das weltweit größte Braunkohlekraftwerk mit einer Gesamtleistung von 5420 Megawatt in Betrieb. Bis zum nun geplanten Kohleausstieg in den 2030er-Jahren wird es weiterhin mehr als 37 Millionen Tonnen CO2 (Stand 2013) jährlich in die Luft blasen. Offiziell soll das Werk noch bis 2038 in Betrieb sein.Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte die Vereinbarung als unzureichend. "Das Kleingedruckte scheint den Ländern erheblichen Spielraum zu geben, um ihr eigenes Ausstiegsdatum zu wählen, trotz der schillernden Überschrift", sagte Delegationsleiter Juan Pablo Osornion der BBC. Begrüßt wurde hingegen das Vorhaben von mehr als 20 Ländern, Banken und Institutionen, die Finanzierung fossiler Brennstoffe zu beenden und stattdessen in grüne Energien zu investieren.

Mehr als 600 Kohlekraftwerke geplant

Trotzdem bleiben viele Staaten der Kohle weiterhin verpflichtet, erst Ende Juni wurde in einem Bericht der Denkfabrik "Carbon Tracker" berichtet, dass China, Indien, Indonesien, Japan und Vietnam den Bau von mehr als 600 Kohlekraftwerken planen. Insgesamt sollen die Kraftwerke 300 Gigawatt Energie erzeugen - das entspricht der gesamten Erzeugungskapazität Japans.

Frankreich gab bereits im Sommer bekannt, seinen Kohleausstieg von Ende 2022 auf mindestens 2024 zu verschieben. Im August wurde in Südafrika nach rund 14 Jahren Bauzeit eines der weltweit größten Kohlekraftwerke fertiggestellt, nämlich die 4764 Megawatt große Anlage Medupi nahe dem Ort Lephalale.

(APA/Reuters/Bloomberg)

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