Die türkische Luftfahrtaufsicht verbietet Syrern, Irakern und Jemeniten Flüge von Istanbul nach Minsk. Neue Druckmittel gegen Belarus kommen bald.
Brüssel. Die öffentliche Diskussion über mögliche EU-Sanktionen gegen Fluglinien, die Migranten aus Nahost nach Belarus bringen, trägt erste Früchte. Am Freitag kündigte die türkische Luftfahrtbehörde an, ab sofort Bürgern aus Syrien, dem Irak und Jemen den Kauf von Flugtickets zu verbieten. Das ist insofern ein erster Erfolg der Europäer im Kampf gegen die mutwillig kreierte Migrantenkrise an der belarussisch-polnischen Grenze, als der Flughafen Istanbul einer der wichtigsten Abflugorte für jene Migranten ist, die im Niemandsland zwischen den beiden Staaten eingeschlossen sind und in die EU zu kommen versuchen. Die belarussische staatliche Fluglinie Belavia, die in Zusammenarbeit mit der halbstaatlichen Turkish Airlines bisher täglich vier bis sieben Flüge von Istanbul nach Minsk organisiert hatte, erklärte, sich an dieses Flugverbot für Bürger der drei arabischen Staaten halten zu wollen. „Wir sehen einige Ergebnisse unserer Bemühungen“, kommentierte ein hoher EU-Diplomat dies. Seit Donnerstag bereist Margaritis Schinas, Vizepräsident der Europäischen Kommission und unter anderem für Migrationspolitik zuständig, den Nahen Osten, um Regierungen wie jene der Emirate oder des Libanon davon zu überzeugen, gegen diese neue Migrationsroute vorzugehen und ihre Landsleute und Fluglinien davon abzuhalten, die Einwanderung in die EU über den Umweg Belarus zu versuchen.
Am Montag werden die 27 EU-Außenminister bei ihrem Ratstreffen in Brüssel zwar keine konkreten neuen Belarus-Sanktionen besprechen. Sie werden aber das grüne Licht für einen neuen Rechtsrahmen geben, der es der EU ermöglicht, all jene Personen und Organisationen zu sanktionieren, die an dieser staatlich organisierten Schlepperei beteiligt sind. Das könnte unter anderem die staatliche belarussische Reiseagentur Centrkurort betreffen, die Pauschalreisen für Migranten verkauft, Flug, Hotel und Transfer an die polnische Grenze inklusive.
Russisches Doppelspiel
Der Kreml hält inzwischen weiterhin die schützende Hand über den belarussischen Diktator Aleksander Lukaschenko. Zwar machte Moskau am Freitag Lukaschenkos Drohung zunichte, er werde den Gastransit nach Europa blockieren. Die Lieferverträge würden eingehalten. Doch zugleich veranstalteten die russischen Streitkräfte wenige Kilometer von den belarussischen Grenzen zu Litauen und Polen am Freitag eine Fallschirmjägerübung. Zweck der Übung laut belarussischem Verteidigungsministerium, die entgegen internationalen Usancen nicht angekündigt war: einen Brückenkopf erobern, feindliche Aufklärer finden und vernichten. Laut unbestätigten Berichten belarussischer Polizisten, die sich im Exil der Opposition angeschlossen haben, kamen dabei zwei Fallschirmjäger zu Tode.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2021)