Covid-Maßnahmen

Corona-Prognosekonsortium: 2-G-Regelung nicht ausreichend

Ein Bild aus der Salzburger Innenstadt.
Ein Bild aus der Salzburger Innenstadt.APA/BARBARA GINDL
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Das Bremspotenzial der aktuellen Maßnahmen reiche nicht, "um kurzfristig eine nachhaltige Senkung der Inzidenzen herbeizuführen“. Auch Virologe Bergthaler warnt: „Keine Zeit für Geplänkel"

Zehn Tage nach Inkrafttreten der 2G-Regelung, die den Zutritt zur Gastronomie, zu Konzerten, Sportveranstaltungen oder zum Friseur nur noch Geimpften oder Genesenen gestattet, ist vor allem in den am stärksten betroffenen Bundesländern keine ausreichende Bremswirkung auf das epidemiologische Geschehen in der vierten Corona-Welle belegt. Diesen Schluss lässt das am Mittwoch erstellte Update des Covid-Prognosekonsortiums zu.

"In den letzten Tagen wurde eine Reduktion der Wachstumsrate der täglichen Neuinfektionen auf hohem Niveau beobachtet, die möglicherweise auf durchgeführte Boosterimpfungen und die strengeren Zugangsregimes im Dienstleistungsbereich zurückgeführt werden können. Das Bremspotenzial dieser Maßnahmen ist aber aktuell unzureichend, um kurzfristig eine nachhaltige Senkung der Inzidenzen herbeizuführen", heißt es der Prognose-Vorschau. Dass die intensivmedizinischen Kapazitäten (ICU) für Covid-19-Patientinnen und -Patienten in naher Zukunft nicht mehr reichen, muss demnach in sämtlichen Bundesländern befürchtet werden.

Wahrscheinlichkeit der Überlastung gestiegen

Konkret beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass die systemkritische Auslastungsgrenze von 33 Prozent im ICU-Bereich in zwei Wochen überschritten wird, in Oberösterreich 97,5 Prozent - und ist damit gegenüber der Vorwoche um weitere 2,5 Prozentpunkte gestiegen. In Salzburg und Vorarlberg beträgt sie 84 Prozent - ein Plus von jeweils 19 Prozent gegenüber der letztwöchigen Einschätzung. Alarmierend sieht es dem Covid-Prognosekonsortium zufolge mittlerweile auch in Tirol aus, wo am 1. Dezember mit einer 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit die 33-prozentige Auslastungsgrenze nicht mehr reicht. Bezogen auf ganz Österreich beträgt die Wahrscheinlichkeit 65 Prozent und ist damit gleich hoch wie am vergangenen Mittwoch - nicht unbedingt ein Indiz, das für die Wirksamkeit der 2G-Regel spricht.

Mit Abstand am besten stehen in dieser Hinsicht Wien und das Burgenland da, wo jeweils mit einer 15-prozentigen Wahrscheinlichkeit die ICU-Kapazitäten für schwer an Covid-19 Erkrankte nicht mehr genügen. In Kärnten sind es 30 Prozent, in der Steiermark 35 Prozent und in Niederösterreich 65 Prozent.

Bezüglich der Belagprognose in den Spitälern halten die Experten fest: "Aufgrund des Zeitverzugs, mit dem inzidente Fälle medizinische Behandlung in Spitälern benötigen, ist selbst dann mit weiteren schweren Verläufen in den Spitälern zu rechnen, wenn die Dynamik des Fallgeschehens zurückgehen sollte." Ein prognostizierter Fallanstieg bedeute daher in weiterer Folge "prognostizierte Anstiege in der Betteninanspruchnahme".

1000er-Inzidenzen auch in anderen Bundesländern

Was die Fallzahlen betrifft, rechnen die Fachleute weiterhin mit einem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz, die am Mittwoch - mit 14.416 Neuinfektionen binnen 24 Stunden trauriger Rekordtag in der Pandemie - österreichweit bei 953,2 Fälle je 100.000 Einwohner lag. Am 24. November ist eine Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 1048 und 1442 zu befürchten. Am dramatischsten dürfte sich die Lage in Salzburg entwickeln, wo es zumindest 2187, im schlimmsten Fall 2793 neue Fälle innerhalb einer Woche je 100.000 Einwohner geben wird. In Oberösterreich ist im Worst-Case-Szenario mit einem Wert von knapp 2500 zu rechnen.

Sieben-Tage-Inzidenzen jenseits der 1000er-Marke dürften in jedem Fall auch Tirol, Vorarlberg, Kärnten und Niederösterreich erreichen. Auch in dieser Hinsicht sind Wien und das Burgenland am wenigsten gefährdet, wo sich am 24. November die Sieben-Tage-Inzidenzen zwischen 513 und 818 bzw. 572 und 914 bewegen dürften.

Virologe Bergthaler: „Keine Zeit für Geplänkel"

Der Virologe Andreas Bergthaler hat sich am Mittwochabend in ORF-"Wien Heute" unterdessen ebenfalls für weiterreichende Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie ausgesprochen. "Es gibt keine Zeit für Geplänkel, wir müssen jetzt handeln", sagte er. Österreich sei mittlerweile eines der drei Länder weltweit mit den höchsten Inzidenzen. Man sei "mittlerweile in einer Situation, wo es Maßnahmen braucht, die Kontakte massiv zu reduzieren".

Gleichzeitig warnte der Experte, dass die Einführung einer Impfpflicht für den Kampf gegen die aktuelle Welle der Pandemie wenig bringen würde. "Eine Impfpflicht würde zum jetzigen Zeitpunkt sehr wenig bringen. Das Dach brennt, wir müssen löschen", erläuterte der Virologe. Eine Impfpflicht habe hingegen eine relativ lange Vorzeit von zumindest mehreren Wochen bis zu zwei Monaten, bis ein Ergebnis sichtbar wäre - im Unterschied zur Booster-Impfung. "Eine Impfpflicht wäre in erster Linie ein präventives Mittel für weitere Wellen", so Bergthaler. Die Auffrischung sollte hingegen unbedingt angenommen werden.

Der Experte meinte, man stehe derzeit im Kampf gegen das Coronavirus am Scheideweg. "Wir müssen definieren, was ist das Ziel. Wollen wir das Gesundheitssystem schützen oder lassen wir eine Durchseuchung der Bevölkerung zu?", vermisste Bergthaler seitens der Politik die Festlegung, was ihr Ziel ist. Aus seiner Sicht jedenfalls "spricht sehr viel dafür, das Gesundheitssystem zu schützen und nicht einfach das Virus durch die Bevölkerung durchlaufen zu lassen".

gu/dru

(APA)

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