Großbritannien

Boris Johnson bringt umstrittene Verschärfungen durch

Boris Johnson steht eine heikle Abstimmung bevor.
Boris Johnson steht eine heikle Abstimmung bevor.(c) REUTERS (POOL)
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Die Verschärfung der Covid-Maßnahmen wie Maskenpflicht und 3-G-Nachweise für Nachtclubs und Großveranstaltungen passiert das Parlament - trotz Widerstands aus Johnsons eigener Partei.

Das britische Unterhaus hat gegen großen Widerstand in den eigenen Reihen einer Verschärfung der Corona-Maßnahmen zur Bekämpfung der hochansteckenden Omikron-Variante zugestimmt. Die Abgeordneten stimmten am Dienstagabend nach einer emotionalen Debatte mit einer Mehrheit für die Maßnahmen, die eine Verschärfung der Maskenpflicht sowie die besonders umstrittenen 3-G-Nachweise für Nachtclubs und Großveranstaltungen vorsehen.

Wie groß die erwartete Rebellion gegen die Pläne des Premierministers Boris Johnson aus den eigenen Reihen ausfiel, war zunächst noch unklar. Bei der Abstimmung über die Nachweise stimmten 369 Abgeordnete dafür, 126 dagegen. Kommentatoren gingen in ersten Einschätzungen davon aus, dass es die größte Rebellion gegen Johnson seit seinem Wahlsieg im Jahr 2019 gewesen sein könnte.

Opposition stimmte zu

Die größte Oppositionspartei Labour hatte bereits im Voraus ihre Zustimmung zu den Maßnahmen angekündigt, weshalb die Mehrheit als sicher galt. Allerdings kündigten Dutzende Abgeordnete der Tory-Partei lautstark an, dagegen zu stimmen. Der größte Widerstand regte sich dabei gegen die Impf- oder Testnachweise. Zeitweise war in Berichten von mehr als 80 möglichen Rebellen zu lesen. Johnson hat eine Mehrheit von 79 Stimmen im Unterhaus.

Der Druck auf den Premier ist seit dem Wochenende erneut gewachsen. Da berichtete die Zeitung "Sunday Mirror", Johnson habe vor einem Jahr während des Corona-Lockdowns persönlich - wenn auch virtuell - an einer Weihnachtsfeier in der Downing Street teilgenommen. Auf Fotos war zu sehen, dass weder der Regierungschef, der offenbar als Quizmaster fungierte, noch seine neben ihm platzierten und weihnachtlich kostümierten Mitarbeiter eine Maske trugen. Johnson hat wiederholt bestritten, dass es Weihnachtsfeiern in der Downing Street gegeben habe. Erst vor wenigen Tagen weckte ein Video aus dem Regierungssitz aber erhebliche Zweifel an seinen Aussagen.

„Vielleicht schwierigste Woche“ für Johnson

Für den Premier handle es sich um "die vielleicht schwierigste Woche" seiner 2019 begonnen Amtszeit, schrieb die Nachrichtenagentur PA. Die heikle Abstimmung im Unterhaus ist erst der Anfang. Die rebellischen Tory-Abgeordneten befürchten nicht nur, dass schärfere Restriktionen die Erholung der britischen Wirtschaft hemmen werden. Vor allem führen sie an, dass die Maßnahmen schwer umzusetzen seien, wenn sich offensichtlich nicht einmal Regierungsbeamte oder Johnson selbst an Regeln halten.

Johnson und sein Gesundheitsminister Sajid Javid hatten am Montag noch einmal um Vertrauen geworben. Der sogenannte Plan B sei verhältnismäßig und unerlässlich für die öffentliche Gesundheit, sagte Johnson. Er hatte im Sommer die Corona-Regeln im größten britischen Landesteil England aufgehoben. Damals sprach er von einem "vorsichtigen, aber unwiderruflichen" Weg aus der Krise. Doch Omikron macht dem Premier einen Strich durch die Rechnung, zumal deutlich wird, dass das viel gelobte Impfprogramm nicht auszureichen scheint. Am Wochenende warnte Johnson vor der "Flutwelle" Omikron. Die Variante breitet sich rasant aus im Land, deshalb musste Johnson zurückrudern. Das nehmen ihm konservative Hardliner übel.

Auch die Opposition hat Johnson ins Visier genommen. Mittlerweile fordert die Labour-Partei die Tories mit Nachdruck auf, dem Premier das Vertrauen zu entziehen. "Boris Johnson ist ungeeignet, unser Land zu führen", twitterte Oppositionsführer Keir Starmer unlängst. Dennoch verkündete der Labour-Chef, der sich am Montagabend in einer Fernsehansprache an die Nation wandte, am Dienstag für die Maßnahmen der Regierung zu stimmen. Er will dies als Akt der Vernunft verstanden wissen. "Sich impfen zu lassen, Masken zu tragen und von zuhause aus zu arbeiten wird Infektionen verhindern", sagte der Politiker am Abend in der BBC. Es sei eine patriotische Pflicht, dies zu tun und sich an die Regeln zu halten.

Auf Johnson kommen indes weitere Probleme zu. Im Fokus steht eine Nachwahl für ein Parlamentsmandat am kommenden Donnerstag. Amtsinhaber Owen Paterson, ein Parteifreund Johnsons, musste wegen seiner Verwicklung in einen Lobbyismus-Skandal zurücktreten. Nun droht die Konservative Partei, den Sitz in der westenglischen Tory-Hochburg North Shropshire an die Liberaldemokraten zu verlieren.

(APA/dpa)

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