Morgenglosse

Warum gerade der gruselige Totimpfstoff so beliebt ist

Wird der Impfstoff von Novavax mehr Anklang finden?
Wird der Impfstoff von Novavax mehr Anklang finden?imago images, Isabelle Ouvrard
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Wer gegen den mRNA-Impfstoff gewettert hat, der hat nun eine gute Alternative. Die hilft vielleicht, sich ohne Gesichtsverlust doch noch auf die Seite der Geimpften zu schlagen.

Ausreden sind immer gut. Ausreden, um das eigene Gesicht zu wahren, erfreuen sich nun auch in privaten Diskursen wachsender Beliebtheit. Ganz konkret: Wer bisher nicht Impfen ging, der hat nun eine gute Ausrede, um rechtzeitig vor Einführung der Impfpflicht die Seite zu wechseln. Es gibt nämlich den Totimpfstoff.

Unter dieser gruseligen Bezeichnung verbergen sich nicht etwa die Überreste von Verstorbenen, sondern diese Impfstoffe enthalten „abgetötete“ Krankheitserreger oder auch nur Bestandteile dieser Erreger, die sich nicht mehr vermehren können. Der Eingriff in den Körper ist also – auch wenn das in letzter Konsequenz nicht zur Gänze korrekt ist – temporär. Er hilft Menschen, die der Überzeugung sind, der bisher dominierende mRNA-Impfstoff könnte ihre Gene verändern – er wäre also so etwas wie der industrielle Langzeiteingriff in ihr Erbgut.

Dass Wissenschaftler wie jene vom Robert-Koch-Institut solche Vorurteile längst widerlegt haben, spielt in der wissenschaftsfeindlichen Auseinandersetzung mit derartigen Themen keine Rolle. In einem Teil der Gesellschaft hat sich die feste Überzeugung verankert, dass Wissenschaft, Medien und Politik sowieso gekauft seien – von Konzernen, die dadurch ihren Profit steigern. Diese Überzeugung schließt völlig aus, dass Menschen, die in diesen Bereichen arbeiten, einen Idealismus und Berufsethos besitzen.

Wenn der Impfstoff von Novavax (übrigens auch ein gewinnorientierter Pharmakonzern) deshalb mehr Anklang findet als die mRNA-Vakzine, soll es dennoch Recht sein. Hauptsache, es beteiligen sich mehr Menschen als bisher an einer gemeinsamen Eindämmung der Pandemie.

Oder doch lieber auf das Medikament warten?

Aber Achtung: Die Hoffnung, dass nun die Impfquote steigt, hat einen Faktor noch nicht berücksichtigt. Fast zeitgleich steht nämlich bei der Europäischen Arzneimittelagentur die Genehmigung von wirksamen Corona-Medikamenten an, die nach der Infektion helfen, den Verlauf der Krankheit zu mildern. Sie könnten Impfskeptikern als neuer Vorwand dienen. Sollten sie erkranken, wissen sie sich durch Medikamente wie Sotrovimab vom Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK) vor dem Schlimmsten geschützt.

Ihre so umgewandelte Ausrede hat freilich einen Haken: Wissen sie, welche Inhaltsstoffe derartige Medikamente enthalten? Kennen sie die Nebenwirkungen, die Risiken und Langzeitfolgen? Und wo sollen sie sich darüber informieren, wenn sie Wissenschaft, Medien und Politik nicht trauen? Ach ja: im Internet.

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