Bisphenol A

EuGH: Abfuhr für die Plastikindustrie

Gro�packung von Plastikbesteck Einwegbesteck Messer Gabeln L�ffel Plastikm�ll *** Large pack
Gro�packung von Plastikbesteck Einwegbesteck Messer Gabeln L�ffel Plastikm�ll *** Large pack(c) imago/Jochen Tack (Jochen Tack)
  • Drucken

Einer Industrie-Chemikalie geht es an den Kragen: Der EuGH hat am Dienstag die Beschränkungen der EU-Chemiebehörde bestätigt.

Nach längeren Beratungen ließ die neunte Spruchkammer des Europäischen Gerichtshofs keinen Zweifel aufkommen und bestätigte die Entscheidung der Europäischen Chemie-Agentur (ECHA). Diese hatte Mitte 2017 entschieden, dass die Industrie-Chemikalie „Bisphenol A“ (BPA), ein Evergreen unter den Umweltgiften, als „besonders besorgniserregend“ einzustufen sei. Den Stein ins Rollen gebracht hatte eine französische Behörde. Begründet wird dies damit, dass die Chemikalie bei Lebewesen unter anderem erbgutverändernde Reaktionen auslösen könne. Bisphenol A kann unter anderem das weibliche Sexualhormon Östrogen nachahmen. In einer Studie des deutschen Umweltbundesamtes wird die BPA-Herstellungsmenge mit jährlich 1,5 Millionen Tonnen angegeben.

„Plastics Europe“, der europäische Dachverband der Industrie, zog gegen diese Entscheidung zu Felde – und ist am Dienstag in zweiter Instanz beim Europäischen Gerichtshof endgültig gescheitert. Die Industrievertreter hatten argumentiert, dass das geltende EU-Recht für Chemikalien („Reach“) in drei Fällen fehlinterpretiert worden sei, und als vierter Einspruchsgrund wird eine fehlerhafte Begründung ins Treffen geführt. Der Gerichtshof folgte der Argumentationslinie der Industrievertreter nicht und bestätigte die kritische Entscheidung der Chemikalien-Behörde der EU.

Risikobewertung verschärft

Die Debatte um BPA zieht sich über Jahrzehnte. Während Umweltorganisationen und Konsumentenschutzverbände von Anfang sehr kritisch gewesen sind, hielten sich anfangs Behörden zurück. Auch deshalb, weil etwaige negative Wirkungen zunächst nicht kausal auf die Chemikalien haben zurückgeführt werden können. Seit zwei Jahrzehnten jedoch mehren sich die Hinweise. Erst vor kurzem hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Risikobewertung verschärft. In dem Bericht aus der Vorwoche heißt es, dass aus wissenschaftlicher Sicht die Menge der täglichen Aufnahmen von BPA nicht höher als 0,4 Nanogramm pro Kilo Körpergewicht sein solle. Bisher lag diese maximale Menge bei 4 Mikrogramm. Diese Neubewertung ist jetzt zur Stellungnahme aufgelegt, die Behörde entscheidet im Frühjahr.

„Das ist eine Verringerung um den Faktor 100.000“, sagt Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker von „Global 2000“. Es sei erfreulich, dass „der EuGH den kritischen Wissenschaftlern Rückendeckung gibt.“ Aus gesundheitlicher Sicht problematisch wird vor allem auch der Umstand eingeschätzt, dass BPA unter anderem in Innenbeschichtungen von Dosen mit Lebensmitteln enthalten sein kann. Burtscher-Schaden: „Wir haben das im Jahr 2017 getestet und dabei in einem Kilo Dosenparadeiser damals 22 Mikrogramm BPA gefunden. Verglichen mit der von der EFSA nun vorgeschlagene Menge der maximal täglich duldbaren Aufnahme wären diese 22 Mikrogramm das 500.000-Fache."

Hier kann Bisphenol A enthalten sein

  • Sicherheitsscheiben aus Kunststoffplatten (Kunstglas)
  • Teile für Stecker oder Schalter
  • Gehäuse von elektrischen/elektronischen Geräten (u.a.
    Mobiltelefone, Wasserkocher, Kaffeemaschinen oder Computer)
  • optische Datenträger wie CDs, DVDs oder Blu-ray Discs
  • Autoteile (transparente Kunststoffteile), z.B. Reflektoren
  • Flaschen und Behälter für Lebensmittel und Getränke
  • Brillengläser
  • mikrowellenfestes Geschirr, Kunststoffbestecke, Kochutensilien
  • Motorradhelme und -schutzschilde
  • Medizinische Geräte
  • Lacke (u.a. als Beschichtung für Haushaltsgeräte)
  • Getränkedosen und Konservendosen (als Innenbeschichtung)
  • gedruckte Platinen in elektronischen Artikeln
  • Verbundwerkstoffe (u.a. für Tennisschläger oder Surfbretter)
  • Klebstoffe
  • Innenbeschichtungen zur Sanierung von Trink- und Abwasserbehältern und -rohren

Quelle: Umweltbundesamt Deutschland

>> Urteil des EuGH

>> Neu-Bewertung der EFSA

>> Bericht des UBA Deutschland über BPA

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.