Schallenberg im Krisenstaat Libanon

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Vor seinem Dreitagesbesuch warnt der Außenminister: „Der Libanon könnten von einem Staat mit einer Terrororganisation zu einer Terrororganisation mit einem Staat werden."

Außenminister Alexander Schallenberg ist am Montag zu einem dreitägigen Besuch in den Libanon gereist. Bei seinen politischen Gesprächen will Schallenberg zu Reformen aufrufen. „Unsere Botschaft ist: Helft uns, euch zu helfen", sagte der Außenminister am Flug nach Beirut gegenüber den mitreisenden Journalisten. Die Situation in dem Nahost-Krisenland bezeichnete Schallenberg als „unheimlich besorgniserregend".

Die Entwicklung im Libanon habe „ein unglaubliches Sprengpotenzial über die Landesgrenzen hinaus", warnte Schallenberg. Der Libanon befinde sich in „einer Abwärtsspirale, die sich immer weiter beschleunigt". Wenn die derzeitige Entwicklung weitergehe, „könnte der Libanon irgendwann von einem Staat mit einer Terrororganisation zu einer Terrororganisation mit einem Staat werden", so der Außenminister in Anspielung auf die israelfeindliche, pro-iranische Schiitenmiliz Hisbollah.

„Am Ende unseres Lateins"

Hilfe für das Land sei im Eigeninteresse Österreichs, weil es sich um eine Nachbarregion handle. Österreich werde wie im vergangenen Jahr auch heuer humanitäre Hilfe in Höhe von fünf Millionen Euro leisten. Die international zugesagte Finanzhilfe liegt aber derzeit auf Eis. Ihre Auszahlung ist an die Bedingung dringend nötiger Reformen geknüpft. Das Land müsse sich selbst helfen, so Schallenberg. Dass die EU im vergangenen Jahr einen Sanktionsrahmen gegen Personen, die die Regierungsbildung behinderten, beschlossen habe, bezeichnete Schallenberg als „Eingeständnis, dass wir auch am Ende unseres Lateins sind".

Am Montagnachmittag wollte Schallenberg dem österreichischen Kontingent bei den UN-Blauhelmsoldaten im Süden des Libanon einen Besuch abstatten. Das Bundesheer beteiligt sich seit November 2011 an der UNIFIL-Friedensmission der Vereinten Nationen im Libanon (United Nations Interim Forces in Lebanon). Die politischen Gespräche mit der Staatsspitze sind für Mittwoch geplant.

Massive Wirtschaftskrise

Der Libanon leidet seit mehr als zwei Jahren unter der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte. Rund drei Viertel der Bevölkerung leben mittlerweile unter der Armutsgrenze. Das Land ist zudem politisch gelähmt. Die im September gebildete Regierung unter Ministerpräsident Najib Mikati ist seit Oktober nicht mehr zusammengetreten. Grund ist ein Streit über die Untersuchungen zur Explosion im Hafen von Beirut im August 2020. Bei der verheerenden Detonation waren mehr als 190 Menschen gestorben. Die UNO warnte im November, der Libanon stehe kurz davor, ein gescheiterter Staat zu werden. Die politischen Blöcke in dem multikonfessionellen Land sind zerstritten, was die Politik seit Jahren immer wieder lähmt. Im Mai 2022 sind Parlamentswahlen geplant.

Das ganze Land leidet unter einer massiven Versorgungskrise. Der Treibstoffmangel führt dazu, dass viele Menschen kaum Strom haben, auch lebenswichtige Medikamente fehlen. Auch in den Krankenhäusern fällt immer wieder der Strom aus. Die Landeswährung Lira verlor in zwei Jahren 90 Prozent ihres Wertes. Die Preise für Lebensmittel sind seit 2019 um mehr als 400 Prozent gestiegen. Viele Menschen wollen daher das Land verlassen.

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