Studie

Vegane Ernährung hilft „doppelt“ gegen Klimakrise

Rinderhaltung verursacht einen hohen CO2-Ausstoß.
Rinderhaltung verursacht einen hohen CO2-Ausstoß. (c) imago images/BildFunkMV
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Nicht nur der CO₂-Ausstoß von Tierhaltung ist enorm, auch die Menge der dafür benötigten landwirtschaftlichen Flächen wirkt sich negativ auf das Klima aus. Vegane Ernährung könnte das Problem lösen.

Diesen Jänner versuchen sich im Rahmen der Monatschallenge „Veganuary“ so viele Menschen wie noch nie an veganer Ernährung. Damit tun sie nicht nur sich selbst, sondern auch der Klimabilanz etwas Gutes. Schädliche Treibhausgase würden weltweit signifikant sinken, würde sich die Bevölkerung einkommensstarker Länder pflanzlich ernähren. So könnte der Ausstoß von Emissionen durch die Aufzucht von Rindern, Schweinen oder Hühnern eingespart werden. Die dann freien landwirtschaftlichen Flächen würden im Kampf gegen die Klimakrise ebenfalls enorm helfen. Das zeigt eine internationale Studie, die unter anderem von Martin Bruckner von der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführt und im Fachmagzin „Nature“ publiziert wurde.

Wie sich Essgewohnheiten aufs Klima auswirken

Wie und womit sich Menschen ernähren hat global gesehen große Auswirkungen. Unser Ernährungssystem ist jedes Jahr für 26 Prozent der menschengemachten Treibhausgase verantwortlich. Selbst wenn die ganze Welt ab sofort keine fossilen Brennstoffe mehr nutzen würde, wären allein die Emissionen aus dem Ernährungssystem für die Erderhitzung um 1,5 Grad und bis Ende des Jahrhunderts sogar bis zwei Grad verantwortlich - also in etwa das Ausmaß, das im Pariser Klimaabkommen als Reduktionsziel genannt wurde: Die Erderwärmung solle möglichst auf 1,5 Grad begrenzt werden.

Das Ergebnis der Studie legt nahe, dass eine Ernährungsumstellung der Bevölkerung reicher Länder die Wiederherstellung von Ökosystemen zufolge hätte, die wiederum das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels ermöglichen würden. Im Jahr 2013 war der Fleischkonsum pro Kopf in einkommensstarken Ländern fast sechsmal so groß wie in Staaten mit niedrigem Einkommen.

Eine fleischlose Ernährung ist nicht nur ökologischer, sondern auch gesünder. Sie reduziert die Wahrscheinlichkeit, an einer der Krankheiten zu erkranken, die auf übermäßigen Fleischkonsum zurückgehen. Ein gesamtgesellschaftlicher Wechsel auf vegane Ernährung wäre aber sehr langwierig und mit vielen Hürden versehen. Die Politik müsste dafür mit gezielten Förderungen und Kampagnen tätig werden.

Die Ökosünde Fleisch

Reiche Länder importieren zum größten Teil Fleisch und tierische Produkte aus dem Ausland. Sollte sich die Bevölkerung in diesen Regionen weitgehend vegan oder vegetarisch ernähren, würden mit sofortiger Wirkungen große Agrarflächen frei werden, auf denen bisher Tiere gezüchtet wurden.

Die natürliche Bepflanzung dieser Felder würde nicht nur der Biodiversität helfen, sondern auch das ursprüngliche Ökosystem wieder in Balance bringen. Für die volle Wirkung müssten aber viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen. Dafür brauche es einen langen Atem und politisches Engagement, so die Forscher. Auf diese Weise könnte die Erde wieder deutlich mehr Kohlenstoff speichern. Laut aktuellen Berechnungen kann die weltweite Vegetation nur 50 Prozent des schädlichen Kohlenstoffs wegen der menschlichen Landnutzung halten. Nicht berücksichtigt sind in diesem Szenario allerdings mögliche Rückschläge durch von der Klimakrise ausgelöste Extremwetter-Ereignisse, wie Fluten oder Brände.

Transport, Verpackung, Verkauf

Laut Berechnung der Studienautoren könnte Land, das durch die Reduzierung des Konsums von Fleisch- und Milchprodukten sowie Eiern wieder frei wird, die 81-fache Menge der jährlichen Treibhausgas-Emissionen der gesamten Agrarproduktion für reiche Länder speichern. Eine Ernährungsumstellung auf weitgehend pflanzliche Kost in reicheren Ländern auf Basis der Empfehlungen der sogenannten EAT-Lancet-Kommission von 2010 würde die jährlichen Emissionen durch direkte landwirtschaftliche Erzeugnisse um 61,5 Prozent reduzieren und kommt außerdem günstiger, wie eine weitere Studie zeigt.

Die positiven Auswirkungen auf die Klimakrise wären aber noch deutlich höher: Nicht mit einberechnet sind dabei nämlich die zusätzlichen Emissionen, die durch den Wegfall von Transportwegen, Verpackungsherstellung oder etwa dem Verkauf der tierischen Produkte eingespart werden können. Fast die Hälfte der Reduktion könnte allein in den USA (29,9 Prozent), Frankreich (7,1 Prozent), Australien (6,5 Prozent) und Deutschland (4,4 Prozent) erreicht werden.

Ernährung gesichert

Sorgen um ausreichend Nahrung muss man sich bei einem fleischfreien Szenario übrigens nicht machen: Es müsste nur eine geringe Erhöhung des Anbaus von Obst oder etwa pflanzlichem Protein, wie Linsen, Kichererbsen oder Tofu, geben. Pflanzen, die bisher für die Fütterung von Tieren angebaut wurden, könnten ohne Umweg direkt von Menschen gegessen werden.

Ärmere Länder, die vielfach für die aktuelle Produktion des Fleisches zuständig sind, dürften bei der Umstellung aber nicht vergessen werden. Der Wegfall der Einnahmequelle könnte durch Assistenzprogramme und die Umschichtung von Förderungen ausgeglichen werden. Jedes Jahr werden laut Studienangaben rund 700 Milliarden US-Dollar (rund 620 Milliarden Euro) an landwirtschaftlichen Zuschüssen vergeben, die aktuell trotzdem zu keiner klimafreundlichen Produktion führen.

>>> zur Studie

(APA/red)

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