Automarkt

So wenig Neuzulassungen wie vor 37 Jahren - Nur E-Autos boomen

imago images/Cord
  • Drucken

Nur knapp 240.000 neue Pkws kamen im Vorjahr auf Österreichs Straßen. Bereits mehr als ein Drittel davon haben alternative Antriebe, was am Trend zum E-Auto liegt. Meistverkauftes Auto im Vorjahr war der Fiat 500.

Die Automobilwirtschaft hat erneut ein schwieriges Jahr hinter sich. Das zeigen die Zahlen zu den Neuzulassungen, die am Montag von den Importeuren und dem Fahrzeughandel gemeinsam mit der Statistik Austria im Rahmen einer virtuellen Pressekonferenz vorgelegt wurden: Die Neuzulassungen von Personenkraftwagen sind 2021 im Vergleich zum Jahr davor um 3,6 Prozent auf 239.803 zurückgegangen. Damit liegen die Pkw-Neuzulassungen um 27,2 Prozent unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019 bzw. auf dem niedrigsten Wert seit 37 Jahren sowie um mehr als 70.000 Fahrzeuge unter dem 20-Jahres-Durchschnitt von 310.611 Pkw.

„Während sich die Zulassungszahlen von Benzinern und vor allem von Diesel-Pkw deutlich rückläufig entwickelten, legte die Zahl der mit alternativen Kraftstoffen betriebenen Pkw um beinahe das Doppelte auf 90.062 Fahrzeuge zu“, erläutert Peter Laimer, verantwortlich für die Kfz-Statistik bei Statistik Austria.  Deren Anteil an den Gesamtzulassungen erhöhte sich innerhalb einer Jahres von rund 20 auf 37,6 Prozent. Die absolute Zahl der neu zugelassenen alternativ Angetriebenen lag 2021 damit nur rund 1400 Stück hinter den Benzinern zurück (Anteil: 38,1 Prozent). Zu den Pkws mit alternativem Antrieb werden auch Hybrid-Autos gezählt. Reine Elektroautos machten 13,9 Prozent der Zulassungen aus.



Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, nennt in erster Linie die Covid-19-Pandemie, die mangelnde Verfügbarkeit von Halbleitern sowie die schwierigen politischen Rahmenbedingungen als Gründe für den Einbruch am Automarkt. „Hatte man im ersten Halbjahr im Autohandel noch so etwas wie Aufbruchsstimmung nach dem Krisenjahr 2020 gespürt, so wurde diese bald getrübt, als klar wurde, wie sehr die Automobilproduktion von Computerchips und anderen wesentlichen Zulieferteilen aus Asien abhängig ist. Die Nachfrage wäre da, die Produkte sind es meist nicht. Das hat zum schlechtesten Autojahr seit 1984 geführt, was die Neuzulassungen im Pkw-Bereich betrifft.“

Die österreichischen Fahrzeughändler haben derzeit extreme Lieferprobleme für Neuwagen mit Wartezeiten von bis zu einem Jahr und mehr. Das wirkt sich auch auf den Gebrauchtwagenmarkt aus, da diese Fahrzeuge nun deutlich mehr nachgefragt werden, aber infolge des schwachen Neuwagenverkaufs weniger zur Verfügung stehen. „Die Preise haben daher auch in diesem Bereich angezogen“, so der Obmann des Bundesgremiums des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer Österreich, Klaus Edelsbrunner. Ein Ende der Covid-19-Pandemie sei noch nicht absehbar und auch die Halbleiterthematik würde die Branche noch eine ganze Weile – jedenfalls noch im Jahr 2022 – beschäftigen. 

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wies in einer Aussendung darauf hin, dass sich der Anteil der E-Autos an allen Neuzulassungen im Vergleich zu 2020 verdoppelt habe. "Emissionsfreie E-Autos sind die Zukunft auf unseren Straßen", schließt die Ministerin daraus. Förderungen für E-Autos hätten daran einen wichtigen Anteil und würden daher auch 2020 fortgeführt. So würden emissionsfreie Pkws für Privatpersonen mit 5000 Euro gefördert. Der Fachhandel beklagt allerdings die Halbierung der Förderung für E-Firmenautos - das könnte die Bestellungen dämpfen.

VW vor Skoda und BMW

Unter den zehn wichtigsten Marken, die im Vorjahr zusammen 66,2 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen ausmachten, blieb VW mit einem Anteil von 15,0 Prozent Marktführer, gefolgt von der Konzernschwester Skoda (9,1 Prozent), BMW (6,5 Prozent) und Seat  (6,3 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr konnten Audi (+13,1 Prozent) und Fiat (+10,2 Prozent) Zuwächse verzeichnen. Rückgänge wurden bei Renault (-16,8 Prozent), Ford (-13,6 Prozent), Hyundai (-8,6 Prozent), Skoda (-7,6 Prozent), VW (-6,0 Prozent), Seat (-4,8 Prozent), Mercedes (-3,4 Prozent) und BMW (-1,2 Prozent) beobachtet.

Bei den E-Autos erreichte VW einen Marktanteil von 17,6 Prozent, gefolgt von Tesla (14,1), Renault (7,3), Skoda (7,0), Audi (6,4), BMW (5,9) und Hyundai (5,3).

Das meistverkaufte E-Auto war der Tesla Model 3 (3534 Stück oder 10,5 Prozent Marktanteil in diesem Segmente) vor VW ID.3 (8,7 Prozent), VW ID.4 (7,5 Prozent) und Skoda Enyaq (7,0 Prozent). Im Gesamtranking der Top-Modelle liegt Teslas Model 3 auf Platz 10. Beliebtestes Auto in Österreich war im Vorjahr übrigens erstmals der Fiat 500 mit 6477 Neuzulassungen, was einem Marktanteil von 2,7 Prozent entspricht. Auf Platz 2 folgt Skoda Octavia, das meistverkaufte Auto des Jahres 2020, mit 6233 Neuzulassungen oder 2,6 Prozent Gesamtmarktanteil. Platz drei geht an VW Golf (2,0) vor VW T-Roc, VW Bus (je 1,8 Prozent), Skoda Fabia, VW Polo, Seat Ibizia und Dacia Sandero.

SUV bleiben gefragt

Zweifel an der großen Ökologisierung lässt auch die Fahrzeugauswahl der Österreicherinnen und Österreicher aufkommen: Denn 40 Prozent der Neufahrzeuge sind SUV bzw. Geländewagen, in diesem Segment gab es auch entgegen dem allgemeinen Trend einen Zuwachs um fast ein Fünftel, so Laimer. Das spiegle sich bei den Motorleistungen: In der Hubraumklasse 3500 bis 4000 ccm gab es einen Zuwachs um 15 Prozent.

Aus Sicht der Branchenvertreter hat das aber nicht nur mit der Nachfrage der Kunden zu tun. Vielmehr seien die Autofirmen daran interessiert, mit den knappen Chips zuerst E-Autos auszuliefern, um Schadenersatzzahlungen wegen eines zu hohen CO2-Ausstoßes der Flotte zu vermeiden und dann hochpreisige Fahrzeuge mit hoher Gewinnmarge. Bei billigeren Kleinfahrzeugen gebe es hingegen Lieferzeiten bis zu einem Jahr.

Die Knappheit habe dazu geführt, dass vor allem Firmen auf die bisher üblichen üppigen Rabatte beim Fahrzeugkauf verzichten müssen. Private würden das weniger stark spüren, so Edelsbrunner. Da es kaum mehr Rabatte gebe, sei auch nicht mit weiteren Kürzungen - und dadurch entstehenden Preissteigerungen - zu rechnen. Bei den Gebrauchtwagen gebe es Preiserhöhungen von 10 bis 15 Prozent. Der Fahrzeughandel bekomme auch zu spüren, dass Kunden heute oft ein Auto doch noch reparieren lassen, statt ein neues zu kaufen oder einen Leasingvertrag verlängern, statt einen neuen zu starten.

Plus bei Nutzfahrzeugen

Ein deutliches Plus gab es  im Vorjahr bei den Nutzfahrzeugen. 2021 wurden mit 62.561 Neuzulassungen 56,2 Prozent mehr Lkw registriert. Die große Mehrheit davon entfiel auf leichte Nutzfahrzeuge (58.806 Stück), "was mit der Einführung der NoVA-Verpflichtung von leichten Nutzfahrzeugen am 1. Juni 2021 mit einer Übergangsfrist bis Anfang November in Zusammenhang zu bringen ist", so die Statistik Austria in ihrer Aussendung. Die Neuzulassungen von Wohnmobilen konnten den starken Zuwachs seit Beginn der Pandemie mit 4782 Neuzulassungen und einem Plus von 61,1 Prozent fortsetzen. Nach einem deutlichen Zuwachs bei Neuzulassungen von Zweirädern im Jahr 2020 (+13,4 Prozent), war im Jahr 2021 ein Rückgang von 2,9 Prozent zu beobachten. 

Gebrauchtwagenmarkt legt zu

Im Vorjahr legten die Gebrauchtzulassungen von Pkw mit 871.065 um 3,6 Prozent zu.  66,5 Prozent der neuen Pkw wurden auf juristische Personen, Firmen und Gebietskörperschaften zugelassen, 33,5 Prozent auf private Fahrzeughalterinnen und -halter. Bei gebrauchten Pkw wurden nur 10 Prozent auf juristische Personen zugelassen, 90 Prozent auf private Halter. Während 83,5 Prozent aller BEV-Neuzulassungen auf juristische Personen, Firmen und Gebietskörperschaften entfielen und nur 16,5 Prozent auf private Fahrzeughalterinnen und -halter, sind es bei den BEV-Gebrauchtzulassungen schon 53,5 Prozent private Halter

Zum Jahresende 2021 waren in Österreich laut vorläufigen Daten rund 7,21 Millionen Kraftfahrzeuge zum Verkehr zugelassen, um 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf die anteilsmäßig wichtigste Fahrzeugart Pkw (71,2 Prozent) entfielen rund 5,13 Millionen Fahrzeuge.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Statistik

Chip-Krise lässt EU-Automarkt im Dezember einbrechen

Der Halbleitermangel hat den Automarkt in Europa stark schrumpfen lassen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.