Übernahme

Microsoft wird zum Spielkonzern

2019 Comic-Con International - General Atmosphere And Cosplay
2019 Comic-Con International - General Atmosphere And CosplayGetty Images
  • Drucken

Der Softwarekonzern baut sein Computerspiel-Portfolio kräftig aus: Er übernimmt für fast 70 Milliarden Dollar Activision Blizzard.

Wien. Microsoft ist den meisten Menschen wegen des Betriebssystems Windows und des dazugehörigen Office-Pakets bekannt. Aber der 180.000-Mitarbeiter-Konzern ist schon seit Langem auch in anderen Sparten tätig. Dazu gehört das Thema Computerspiele. So verkauft das von Bill Gates gegründete Unternehmen nicht nur seit 2001 die Spielkonsole X-Box (inzwischen in der vierten Variante), es hat seit dem Jahr 2000 auch einen eigenen Softwarebereich, der sich nur um die Herstellung und den Vertrieb von Computerspielen kümmert. Dieser Firmenzweig wird nun stark aufgewertet. So gab das Unternehmen am Dienstagnachmittag bekannt, um 68,7 Milliarden Dollar das bekannte Computerspiel-Unternehmen Activision Blizzard zu übernehmen.

Für Microsoft ist der Kauf die größte Akquisition in der bisherigen Firmengeschichte. Und der Konzern aus Seattle zeigt auch, dass es ihm damit sehr ernst ist. So will Microsoft 95 Dollar je Aktie zahlen – ein Aufschlag von 45 Prozent im Vergleich zum Schlusskurs von Freitag (am Montag blieb die Wall Street aufgrund eines Feiertages geschlossen). Die Aktien von Activision Blizzard schossen nach der Ankündigung im vorbörslichen Handel daher bereits nach oben.

Skandal um Belästigung

„Computerspiele sind die dynamischste und spannendste Kategorie in der Unterhaltungsindustrie. Und sie werden eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung diverser Metaversum-Plattformen spielen“, erklärte Microsoft-Chef Satya Nadella in einem Statement. Zudem findet die Übernahme zu einem sehr günstigen Zeitfenster für Microsoft statt, wie Analysten in ersten Einschätzungen meinten. So lag die Aktie von Activision Blizzard im vergangenen Februar noch bei einem Kurswert von 100 Dollar je Stück. Doch dann brach ein Skandal über das Unternehmen herein, in dem es um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und die Diskriminierung von Mitarbeiterinnen ging. Im Rahmen von Ermittlungen wurden dabei 37 Mitarbeiter entlassen und 44 schriftlich verwarnt. Dennoch geriet zuletzt auch Activision-Chef Bobby Kotick ins Schussfeld der Kritik: Er soll über die Vorgänge zumindest teilweise Bescheid gewusst, aber zu wenig dagegen getan haben.

Microsoft konnte Activision Blizzard somit wesentlich günstiger erwerben. Gleichzeitig wisse man, „dass wir nun eine herausfordernde Arbeit vor uns haben, um eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der jeder sein Bestes leisten kann“, so Nadella in einem Investoren-Call am Dienstag.

Verändertes Nutzerverhalten

Grundsätzlich erhält Microsoft mit Activision Blizzard aber einen der bedeutendsten Computerspielkonzerne der Welt. Das Unternehmen hat beliebte Handy-Spiele wie Candy Crush in seinem Portfolio, daneben aber auch die äußerst erfolgreiche Ego-Shooter-Serie Call of Duty sowie das Online-Rollenspiel World of Warcraft, das zeitweise von mehr als zwölf Millionen Menschen weltweit gespielt und somit monatlich abonniert wurde. Das Spiel gilt mit einem erzielten Umsatz von weit über zehn Milliarden Dollar als das erfolgreichste Spiel der Geschichte.

Allerdings hadert Activision Blizzard zunehmend mit einem veränderten Nutzerverhalten der Computerspieler. Diese haben sich vielfach daran gewöhnt, Spiele gratis zu erhalten und nur für gewisse Elemente im Spiel Geld ausgeben zu müssen. Laut Daten der Analysefirma Baird gingen die Suchanfragen nach Call of Duty und World of Warcraft 2021 daher um 32 beziehungsweise 44 Prozent zurück.

Mit der Software-Bibliothek und künftigen Entwicklungen von Activision Blizzard dürfte Microsoft jedoch vor allem seine XBox mit mehr exklusiven Spielinhalten versorgen wollen. Dadurch soll die Konsole gegenüber seinem Hauptkonkurrenten – der Play Station von Sony – wieder an Attraktivität gewinnen.

(jaz/Bloomberg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Übernahme

Microsoft kauft "Candy Crush"-Entwickler für fast 70 Milliarden Dollar

Der Softwarekonzern Microsoft macht einen großen Sprung ins Videospielbusiness.
Aktie der Woche

Microsoft – oder: Der alte und der neue Platzhirsch

Die geplante Milliardenübernahme des Spielekonzerns Activision Blizzard ist umstritten. Microsoft schafft es aber schon seit Jahrzehnten, die Märkte zu überraschen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.