Strafverfolgung

Deutschland bekommt Telegram-Taskforce

APA/AFP/JOHN MACDOUGALL
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Die Entwicklung auf Telegram wird vom Chef des Bundeskriminalamts als "besorgniserregend“ eingestuft. Einer Studie zufolge dient Telegram auch als Plattform für Radikalisierung. Die fehlende Kooperation des Dienstes bei Löschanträgen, ist jetzt Aufgabe der Taskforce.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis erste konkrete Schritte gegen Telegram gesetzt werden. Zur Verfolgung von Straftaten im Messengerdienst Telegram hat das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) eine Taskforce eingerichtet. Ziel sei es, "Tatverdächtige zu identifizieren und strafrechtlich zu verfolgen", so die Behörde. Dies geschehe in enger Abstimmung mit der Polizei und der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Justizminister Marco Buschmann (FDP) lobte den Vorstoß.

Schon Mitte Jänner äußerte sich die deutsche Innenministerin Nancy Faeser zu Telegram und den Problemen mit dem Dienst, der sich seit jeher dem geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetz entzieht und Löschanträgen und Beschwerden nicht nachkommt. In einem Interview mit der „Zeit“ sagte sie, dass ein Abschalten nur die „ultima ratio“ sein könne.

Wohl auch deswegen gehört es nun auch zur Aufgabe der Taskforce, zu erheben, ob und inwiefern Telegram mit den zuständigen Behörden kooperiert. Ziel sei die Verbesserung der Kooperation, insbesondere bei der Aufklärung von Aufrufen über Telegram zu Tötungsdelikten und weiteren schweren Straftaten.

"Insbesondere die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass sich Menschen auf Telegram radikalisieren, andere bedrohen oder sogar Mordaufrufe veröffentlichen", erklärte BKA-Präsident Holger Münch. Der Rechtsstaat müsse dieser "besorgniserregenden Entwicklung" entschlossen begegnen. "Wir streben die Zusammenarbeit mit Telegram an, treffen unsere Maßnahmen aber auch, wenn Telegram nicht kooperieren sollte."

Recht gilt auch im digitalen Raum

Telegram entwickelt sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zunehmend zu einem Medium der Radikalisierung. Besonders betroffen sind Politiker sowie Experten aus Wissenschaft und Medizin, die sich bei der Bewältigung der Corona-Pandemie öffentlich engagieren. Mitte Dezember durchsuchte die Polizei Objekte von Mitgliedern einer Chatgruppe, die auf Telegram Mordpläne gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) hegten.

Buschmann sagte dem Sender Welt, er finde es gut, dass das BKA Unterstützung signalisiert habe: "Denn Recht gilt, und Strafrecht muss auch verteidigt und durchgesetzt werden, egal wo es gebrochen wird, ob im digitalen oder im analogen Rahmen." Er plädiere schon seit Wochen dafür, dass es Onlinestreifen gebe - genauso wie die Polizei auf öffentlichen Plätzen präsent sei, um einzugreifen, wenn dort gegen Recht verstoßen werde.

(bagre/APA/DPA)

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