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Ai Weiwei gestaltet Jubiläumsausgabe der „Presse am Sonntag“

Ai Weiwei arbeitet mit uns seit Wochen als Gastchefredakteur an der Jubiläumsausgabe der „Presse am Sonntag“. Die Chefredaktion an einen Künstler und Dissidenten zu übergeben, war leider ein prophetischer Schritt.

Kaum ein Künstler hat eine derart bewegende Biografie wie Ai Weiwei. Sein Vater war ein geachteter Dichter der Volksrepublik China. Er fiel in Ungnade, wurde in Umerziehungslagern drangsaliert und gedemütigt. Der Sohn erlebte das mit. Später ging er ins Ausland, nach New York, traf auf Allen Ginsberg, arbeitete als Fotograf und Künstler, ließ sich inspirieren und kehrte zurück nach China. Dort lotete er Freiheitsräume aus und forderte die KP-Diktatur immer offener heraus. Bis er im Gefängnis landete. Schließlich ging er ins Exil. Heute lebt er in Portugal und gilt als wichtigster politischer Künstler unserer Zeit. Am Dienstag hat er seine große Ausstellung in der Albertina modern eröffnet.

Mit uns arbeitet er seit Wochen an der Jubiläumsausgabe der „Presse am Sonntag“, die Idee kam von Elsy Lahner, der Kuratorin der Ausstellung in Wien. Mit Sonntagschef Christian Ultsch machten wir uns vor mehr als einem Monat auf den Weg zu Ai Weiwei und dessen Hacienda bei Lissabon. Der Taxifahrer verfuhr sich mehrmals, die Hunde begrüßten uns sehr stürmisch. Ai Weiwei nahm sich viel Zeit.

Die Geduld und Liebenswürdigkeit des Mannes sind ungewöhnlich. Davor hatte eine erste Redaktionssitzung in einem Wiener Ringstraßenhotel stattgefunden. Es waren gute kreative Stunden. Es werden noch einige folgen. Die Chefredaktion an einen Künstler und Dissidenten zu übergeben, der für die Freiheit und Demokratie kämpft, war – leider – eine fast prophetische Entscheidung. Die Zeitung erscheint am 27. März, in der Ukraine wird wohl noch der Krieg toben, angezettelt von einem autoritären Herrscher in Moskau.

rainer.nowak@diepresse.com

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Zu Fuß zum Fototermin beim Stephansdom. Später geht es mit „Presse“-CR Rainer Nowak, Albertina-Kuratorin Elsy Lahner und „Presse am Sonntag“-Chef Christian Ultsch (v. l.) weiter Richtung Wittgenstein-Haus im Dritten.
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Mit Ai Weiwei zu Fuß bei Wittgenstein und im Dom

Nach seiner Ausstellungseröffnung besuchte der Künstler eines der schönsten Häuser Wiens – und traf sein Team der „Presse am Sonntag“.
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Ai Weiwei und Österreich – kurz, aber gut

Überraschende Begegnungen mit dem chinesischen Weltkünstler, auf der Toilette der Albertina und am Gipfel des Dachsteins.

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