Ein New Yorker Gericht verurteilte den Tansanier Ahmed Ghailani wegen Verschwörung, nicht jedoch wegen Mords. Die Verfechter von Militärtribunalen gegen mutmaßliche Terroristen bekommen durch Urteil neuen Auftrieb.
[WASHINGTON]Schuldig der „Verschwörung zur Zerstörung von US-Eigentum“, freigesprochen in den übrigen 284 Anklagepunkten, die auf Mord und versuchten Mord abzielten: So lautet das Urteil eines New Yorker Zivilgerichts für den Tansanier Ahmed Ghailani.
Für die Staatsanwälte und die US-Geheimdienste gilt der 36-Jährige nach wie vor als einer der Drahtzieher der Anschläge der al-Qaida auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im August 1998, bei denen 224 Menschen ums Leben kamen. Seine Anwälte stellten ihn in dem vierwöchigen Verfahren dagegen als einen Handlanger dar, der Botendienste ausführte und den Lastwagen mit der Sprengladung besorgte.
Ein Strafausmaß steht noch nicht fest. Der Staatsanwalt wird für eine lebenslange Haft plädieren, die Mindeststrafe beträgt 20 Jahre. Die US-Behörden haben Ghailani 2004 in Pakistan aufgespürt. Er wanderte durch US-Militärgefängnisse, bevor er 2006 in Guantánamo landete.
Die zwölf Geschworenen haben mit ihrem Verdikt eine Entscheidung mit Signalcharakter getroffen: Der erste Prozess eines Guantánamo-Gefangenen vor einem Zivilgericht schuf einen Präzedenzfall. Von Menschenrechtsorganisationen für den fairen Prozess gerühmt, von den Gegnern eines Zivilverfahrens für mutmaßliche Terroristen zerrupft, bestärkt der Urteilsspruch die Skepsis der Verfechter von Militärtribunalen. Der republikanische Senator Lindsay Graham, selbst ein früherer Militärrichter, sagte: Al-Qaida-Kämpfer dürften nicht wie Kriminelle behandelt werden.
Kronzeuge nicht vorgeladen
So ließ das Gericht einen Kronzeugen nicht zu, der bestätigt hätte, dass er Ghailani den Sprengstoff TNT verkauft habe. Weil CIA-Beamte den Namen des Zeugen beim Verhör Ghailanis womöglich durch Folter herausgepresst hätten, sei die Aussage nicht zulässig, befand der Richter.
Für die Absicht der Obama-Regierung, Guantánamo-Gefangene in den USA vor Zivilgerichte zu stellen, bedeutet das Urteil eine schwere Schlappe. Justizminister Eric Holder hat angekündigt, Khalid Sheikh Mohammed und vier Mitverschwörer der 9/11-Terroranschläge vor einem Bezirksgericht in Manhattan zur Verantwortung ziehen zu wollen. Nach einem Proteststurm und dem Urteil gegen Ghailani wird dies indes immer unwahrscheinlicher.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2010)