TV-Film

„Die Unschuldsvermutung“: Don Giovanni? Mary Poppins!

Eine Rächerin am daueranlassigen Star-Dirigenten: Agentin Ada Lubovsky (Daniela Golpashin).
Eine Rächerin am daueranlassigen Star-Dirigenten: Agentin Ada Lubovsky (Daniela Golpashin).ORF [ Hubert Mican ]
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TV-Premiere auf ORF 2: Michael Sturminger hat mit „Die Unschuldsvermutung“ ein teils sehr komisches Sittenbild der Opernszene gezeichnet. Mit Ulrich Tukur als unwiderstehlichem Ekel.

Da fliegt die Biografie des Exgatten, in der sie kein einziges Mal erwähnt wird, auch schon quer über die Sacher-Balkone. Des Sacher Salzburg, wohlgemerkt. Und das Ziel des Wurfgeschosses, der Maestro, meint dazu nur: „Dann mach ich mich mal fit für die Probe.“ Und beginnt den Punchingball zu malträtieren. Woran er sich bzw. wir uns wenig später noch einmal schmerzlich erinnern werden.

Diese Szenen, in denen Ulrich Tukur und Catrin Striebeck sich als verfeindetes Theater-Expaar gegenseitig zerfleischen – ko-abhängig voneinander als Regisseurin und als Dirigent eines Salzburger „Don Giovanni“ („Du solltest besser Mary Poppins inszenieren!“) –, sind die Höhepunkte dieser TV-Satire von Michael Sturminger. Der Regisseur des Salzburger „Jedermann“ hat sich mit „Die Unschuldsvermutung“, die heute, Mittwoch, 20.15 Uhr, auf ORF 2 Premiere hat, auf sehr glattes Parkett gewagt. Kann doch mit Recht angenommen werden, dass Sturminger als langjähriger Opernregisseur, selbst Theaterintendant (Perchtoldsdorf) und, nicht zuletzt, selbst „alter weißer Mann“ in diesem Betrieb, reichlich Einblicke gewonnen haben dürfte.

Kein Drama, sondern eine Komödie

Letztere Rolle dürfte auch dazu geführt haben, dass aus der Idee zu diesem Film kein Drama, sondern eine Komödie geworden ist. Die durch bis in die Nebenrollen großartige Schauspieler nicht in der klamaukigen Fernseh-Fun-Kiste stecken bleibt, in der die ursprünglich ebenfalls mit beißender Selbstironie ausgestatteten Vorstadt-Weiber zuletzt gelandet sind. Zwar driftet „Die Unschuldsvermutung“ unweigerlich in Richtung „MeToo“-Moralstück ab, das dieser Film letzten Endes doch ist. Wo der Dirigentenmacho der barfuß à la Patricia Kopatchinskaja dirigierenden jungen (von ihm schwangeren) Meisterschülerin zuletzt ja doch noch das Pult überlassen muss. Begeistert beklatscht von den erpresserischen Mitstreiterinnen.

Doch gibt der hier durchaus auch kritisch überspitzte Geschlechterkampf („Schlachten wir das Schwein?“) mehr das modische Gerüst dafür ab, eine ganze Szene in all ihrer blenderischen Exaltiertheit, ihrem zelebrierten Zynismus und pathetischen Plattitüden bloßzustellen. Die sie sicher auch hat, sicher aber nicht nur. Die zumindest kurz dargestellte Mitgerissenheit der jungen Dirigentin (herrlich spröde: Laura de Boer) von Mozarts Musik ganz am Ende ist weniger ein Trost als bittere Andeutung dieser Faszination, über die viele Zuseher voll ihrer bestätigten Vorurteile hinweggaloppieren werden. Doch einer Komödie den fehlenden Ernst vorzuwerfen, schießt wohl über das Ziel hinaus.

Das trifft Sturminger dafür genau mit manchen fiktiven Personenzeichnungen: Dem in all seiner Widerlichkeit trotzdem unwiderstehlichen Star-Dirigenten von Ulrich Tukur. Der hinreißend überspannten, eiskalten Regie-Zicke von Catrin Striebeck, die Don Giovanni tatsächlich verprügeln lässt auf der Bühne, wo sie dem polyamourösen dirigierenden Exgatten das megalomane Schriftzeichen „Unschuldsvermutung“ vor die Nase stellen ließ.

Ein wenig blass, hat man das markante Original-Duo Hinterhäuser/Rabl-Stadler doch (noch) so lebhaft vor Augen, müssen sich Michou Friesz als Festspiel-Präsidentin und August Zirner als Intendant in ihre wohl bewusst deutlich anders angelegten Rollen fügen.

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