Intellektuelle rund um Alice Schwarzer sprachen sich in einem offenen Brief gegen Waffenlieferungen aus, Intellektuelle rund um Daniel Kehlmann in einem Gegen-Brief dafür. Nun kontert Schwarzer die Vorwürfe.
Die Brief-Debatte der Kulturwelt geht weiter: Zwei offene Briefe veröffentlichten Intellektuelle zur Frage, ob Deutschland Waffen an die Ukraine liefern soll. Eine Gruppe um die deutsche Feministin Alice Schwarzer hatte den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz in ihrer Zeitschrift „Emma“ aufgefordert, keine Waffen zu liefern, um keine Eskalation des Konflikts herbeizuführen. Einen Gegen-Brief veröffentlichten Intellektuelle rund um Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller sowie Daniel Kehlmann und Eva Menasse in der „Zeit“: Sie plädieren für Waffenlieferungen mit dem Appell: „Die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache!“
Nun gibt es eine Reaktion von Schwarzer, die sich gegen den impliziten Vorwurf des „Sofa-Pazifismus“ wehrt: „Sofa-Pazifismus? Im Gegenteil!“ konterte sie in einem schriftlich geführten Interview im „Standard“. „Wir 28 sind hochrealistisch und genau darum hochalarmiert. Unser Anliegen ist: erstens ein schnellstmöglicher Stopp des Krieges in der Ukraine, der täglich das Land mehr verwüstet und immer mehr Vergewaltigungsopfer und Tote fordert. Und zweitens die absolute Vermeidung der Überschreitung der roten Linie zu einem Atomkrieg.“
Von den Reaktionen auf die zum Brief gehörende Petition fühlt sie sich bestätigt: „Innerhalb von nur vier Tagen ist unser Brief auf change.org von über 200.000 Menschen unterzeichnet worden. Das zeigt die Stimmung im Land", so Schwarzer. „Denn in der Tat: 45 Prozent der Deutschen sind für weitere Waffenlieferungen – 45 Prozent aber sind dagegen.“ Bisher habe "die veröffentlichte Meinung nicht die öffentliche Meinung" reflektiert, meint sie. „Das hat sich durch unseren offenen Brief geändert. Endlich wird über diese für uns alle lebenswichtige Frage diskutiert."
Dokumentarfilm über Alice Schwarzer von Sabine Derflinger
Der vergangenen Freitag veröffentlichte Offene Brief war vom österreichischen Künstler und Medientheoretiker Peter Weibel initiiert worden. Neben Weibel und Schwarzer hatten unter anderem die Schriftsteller Martin Walser und Juli Zeh oder der Liedermacher Konstantin Wecker das Schreiben unterzeichnet. Der Brief rief viel Kritik hervor.
Schwarzer hatte am Mittwochabend in Wien an der Premiere des von ihrem Leben handelnden Dokumentarfilms "Alice Schwarzer" der österreichischen Filmemacherin Sabine Derflinger teilgenommen. Am Rande der Veranstaltung wollte sie jedoch auch auf Anfrage der APA hin keine Fragen zum Offenen Brief bzw. zum Ukraine-Krieg mündlich beantworten.
>> Offener Brief gegen Waffenlieferungen in der „Emma"
>> Offener Brief für Waffenlieferungen in der „Zeit"
(APA/Red.)