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Die Industrie braucht eine Zukunftsperspektive

IV OÖ-Präsident Axel Greiner blickt besorgt auf den Konjunkturbarometer:  Derzeit gibt es kaum Zeichen für Entspannung bei Energiepreisen, Materialengpässen und Personalmangel.
IV OÖ-Präsident Axel Greiner blickt besorgt auf den Konjunkturbarometer: Derzeit gibt es kaum Zeichen für Entspannung bei Energiepreisen, Materialengpässen und Personalmangel. (c) IV OÖ/Eric Krügl
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Konjunktur. IV OÖ-Präsident Axel Greiner beobachtet, dass vor allem die aktuell diskutierten Maßnahmen im Energiesektor zu einer Verunsicherung der heimischen Industrie führen und den Standort OÖ gefährden.

Die Industrie in OÖ ist verunsichert. Das spiegelt sich im Konjunkturbarometer der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Aktuell sind die Auftragsbücher zwar randvoll und die Geschäftslage befindet sich nach der Erholung von der Coronapandemie auf hohem Niveau, aber laut jüngster Konjunkturumfrage der IV OÖ beginnt die Geschäftslage drastisch zu kippen. „Das Vertrauen der Unternehmen in eine positive Zukunftsperspektive geht angesichts der gegenwärtigen Entwicklungen massiv zurück und ich sehe große Probleme auf die Industrie und den Standort Oberösterreich zukommen“, nimmt sich IV OÖ-Präsident Axel Greiner wie gewohnt kein Blatt vor den Mund. Ein großer Treiber der Unsicherheit ist der Anstieg des Energiepreises. „Diese Entwicklung ist übrigens nicht erst seit dem Angriff von Putin auf die Ukraine in Gang gekommen, sondern begleitet uns schon länger, ausgehend vom Umbau und der Erneuerung unserer Energiesysteme hin zu klimaneutralen Energieträgern.“ Greiner spricht damit das Thema CO2 Bepreisung und gesetzliche Vorlagen für die Industrie an, die dazu führten, dass die Preise für Gas und Strom angestiegen sind. „Der Russland/Ukraine-Konflikt verschärft natürlich die Situation.“

Aber nicht nur die Energiepreise steigen, auch die Rohstoffpreise kletterten massiv in die Höhe. Auch diese Preisentwicklung ist nicht erst seit dem Ukraine-Krieg oder der Pandemie zu beobachten, sondern setzte schon früher ein. „Der Lithiumpreis wird vor allem getrieben durch den erhöhten Bedarf bei der Batterieherstellung, die wiederum durch die voranschreitende E-Mobilität forciert wird. Es gibt also ganze Kaskaden an Ursachen, die zu den hohen Preissteigerungen führen“, sagt Greiner.

Standort unter Druck

Chinas Lockdownstrategie ist ebenfalls Gift für unsere Wirtschaft. „Viele Containerschiffe dürfen Shanghai nicht verlassen und das bringt eine Unterbrechung der Lieferketten“, sagt Greiner. „Bereits in den ersten zwei Jahren der Coronapandemie haben wir gesehen, dass solche Lockdowns massive Auswirkungen auf unsere Betriebe haben, wenn Container erst mit sehr langen Verzögerungen wieder zur Verfügung stehen. Das bringt Lieferausfälle und teilweise müssen Produktionen komplett umgestellt und die Rohstoffe aus anderen Regionen bezogen werden.“ Faktoren, die den Standort Oberösterreich teilweise stärker unter Druck setzen als andere Bundesländer und vor allem stärker als andere EU-Länder, weil Oberösterreichs Industrie höhere Strompreise bezahlt als zum Beispiel Deutschland. „Die Strompreiszonentrennung zwischen Deutschland und Österreich hat uns sehr zugesetzt“, gesteht Greiner. „Über Jahre konnten wir vom gemeinsamen Tarif günstig Überschussstrom aus Deutschland beziehen. Das ist seit 2018 Geschichte. Damals schon haben wir vor dieser Entwicklung gewarnt und nun haben wir das Nachsehen, denn obwohl wir unseren Strom großteils aus günstiger, nachhaltiger Wasserkraft beziehen, zahlen wir höhere Strompreise als Deutschland. Das belastet vor allem die energieintensiven Betriebe.“

Greiner sieht die sinnvollste Lösung in einem Level Playing Field auf europäischer Ebene. Österreich fällt nämlich die Merit-Order auf den Kopf, wonach das teuerste Kraftwerk, das sich ins Netz einspeist, den Strompreis bestimmt. „Sobald ein Gaskraftwerk in Betrieb genommen wird, steigen die Strompreise, obwohl wir wie gesagt große Teile aus Wasserkraft beziehen. Das ist keine marktübliche Vorgehensweise, sondern ein Regularium, das politisch gewollt war, genauso gut aber auch wieder politisch abgestellt werden könnte.“ Daher betont Greiner in Richtung Bundeskanzler: „Es braucht keine utopischen Gedankenexperimente, sondern man muss sich einfach ansehen, wie der Markt funktioniert.“ Laut dem IV OÖ-Präsidenten müssten viele Regularien in Europa den veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Greiner vermisst in der Politik den Weitblick. „Beim Autofahren gehe ich vor einer scharfen Kurve auch vom Gas, aber bei diesem Thema habe ich das Gefühl, dass die Politiker nicht auf Sicht fahren und dann überrascht sind, wenn Sie aus der Kurve fliegen.“

Zur Person

Axel Greiner ist seit 2013 Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ). Der gebürtige Stuttgarter studierte Chemie und war am Max-Plank-Institut in Stuttgart und bei der SGL Technik GmbH beschäftigt. 2000 - 2010 war er Vorstand der Greiner AG in Kremsmünster.

Vernünftig wäre etwa die Nutzung der Strompreiskompensationsmöglichkeiten, die von der EU beschlossen wurden, um bei erhöhten CO2-Preisen die Industrie zu entlasten. „Unerklärlich, warum Österreich als eines der wenigen EU-Länder von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch macht.“ Greiner vermutet, dass sich die Regierung erhofft, der Umbau der Energiesysteme könnte beschleunigt werden, wenn man den Druck auf die Industrie erhöht. „Aber das wird es nicht spielen, solang wir keine massiv beschleunigten Genehmigungsverfahren haben und Maßnahmen zum Umbau nicht umgesetzt werden können. Dementsprechend ist ein zusätzlicher Druck auf die Industrie kontraproduktiv.“

Konjunkturausblick

Hohe Energiepreise, Materialengpässe, Personalknappheit – aufgrund der Unplanbarkeit können viele Projekte nicht mehr umgesetzt werden und es setzt ein negativer Dominoeffekt ein: Rückgang der Nachfrage bei den Kunden und reduzierte Erwartungen bei den Unternehmern. „Abwehren lässt sich das Kippen des Konjunkturbarometers, indem die Unternehmer für sich eine Zukunftsperspektive sehen. Eine Beruhigung der Lage in der Ukraine wäre ein positives Zeichen. Die Sicherheit, dass die Coronapandemie überwunden ist und es Aussicht auf normale wirtschaftliche Kreisläufe gibt, würde die Planungssicherheit zurückbringen.“ Jedoch befürchtet Axel Greiner, dass diese Zeichen nicht so schnell eintreffen werden. „Der Ausblick ist besorgt. Wir werden uns auf wirtschaftliche Probleme und Lieferstörungen einstellen müssen. Das bedeutet, dass die Unternehmen ihre Planungen anpassen müssen.“

www.oberoesterreich.iv.at

Information

Das Interview mit Axel Greiner wurde finanziell unterstützt von der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ).


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