Architekturgeschichte

Neue Schulen braucht(e) die Welt

In der DDR wurden Schulen ab Mitte der 1960er-Jahre – so wie Wohnbauten auch – in Fertigteilbauweise realisiert.
In der DDR wurden Schulen ab Mitte der 1960er-Jahre – so wie Wohnbauten auch – in Fertigteilbauweise realisiert.(c) Pulfer/picturedesk.com
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Billiger, flexibler, geräumiger – in den 1950er-Jahren versuchte eine neu gegründete internationale Architektenorganisation, die UIA, den Schulbau zu revolutionieren.

Wie schaut die perfekte Schule aus? Und vor allem: Wie können möglichst schnell möglichst viele Schulen gebaut werden? Diese Fragen wurden Mitte des 20. Jahrhunderts nicht nur in Architekturkreisen dringlich. Der Bedarf an Schulneubauten war groß. In vielen europäischen Städten war die Infrastruktur nach dem Zweiten Weltkrieg zerstört, und auch in afrikanischen Ländern sollte der kleine Schulbaubestand mit einsetzender Dekolonialisierung aufgestockt werden.

„Da wie dort galt es in möglichst kurzer Zeit viele Schulen zu bauen und über das ganze Territorium gleichmäßig zu verteilen“, sagt Maja Lorbek. Viele Architekten legten große Hoffnungen in die neue Fertigbauweise, in Modularität und Flexibilität. „Sie hatten den Eindruck, dass sich Schule künftig grundlegend verändern würde, dass sich die Grenzen zwischen Schule und Gesellschaft auflösen.“ Schulbauten, so die Vision, sollten sich der veränderten pädagogischen Praxis anpassen.

Austausch über Ländergrenzen

Lorbek ist Architekturforscherin an der Universität für angewandte Kunst Wien und leitet das vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Projekt „Transnationaler Schulbau“. Partner sind u. a. das Architekturzentrum (Monika Platzer, Susanne Rick) und die TU Wien (Oliver Sukrow). Im Zentrum der Studie steht die 1948 in Lausanne (Schweiz) gegründete Internationale Architektenunion UIA und ihre Schulbaukommission. Diese trat ab 1951 als Beraterin auf, um Wissen über Schultypologien und -konstruktionen weiterzugeben.

In der Arbeitsgruppe trafen Experten unterschiedlicher Länder – bis in die 1970er-Jahre waren alle formellen Mitglieder Männer – zusammen. Die Architekten, darunter Alfred Roth, Wilhelm Schütte, Pedro Ramírez Vázquez und Anton Schweighofer, führten vergleichende Forschung anhand von Fallstudien durch und beschäftigten sich mit neuen Technologien. „Sie waren Pioniere der transnationalen Wissensvermittlung und versuchten, bestehendes Wissen in übergeordnete Standards in Zusammenhang mit Fertigteiltechnologie und standardisierten Grundrissen zu gießen“, betont Lorbek.

Die gemeinnützige Vereinigung etablierte sich in einer Hochzeit für internationale Kommissionen. Vor allem in den 1950er-Jahren dominierte die UIA den Schulbaudiskurs. Später mischten auch die Unesco, die OECD und die Weltbank mit. Lag der Fokus bei Schulneubauten in den 1950er-Jahren auf kleinen Schulen und dem ländlichen Raum, so galt in den 1960er-Jahren die Aufmerksamkeit in westlichen Ländern den weiterführenden Schulen. Das brachte neue Herausforderungen.

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