Ursula Knoll schrieb fürs Theater, bevor sie sich dem Roman zuwandte.
Debütroman

Wenn man sein Leben nicht mehr packt

Ursula Knoll erzählt in ihrem Debütroman von fünf Frauen, die an ihre persönlichen Belastungsgrenzen stoßen und sich gegen ihr Umfeld auflehnen.

Was tun, wenn man 480 Kilometer über der Erdober­fläche schwebt und seinen Sohn vermisst, für den man kein Sorgerecht mehr hat? Astronautin Katalin entscheidet sich für die unvernünftige Variante und loggt sich ins Bankkonto der Ex-Partnerin ein, um sie zu stalken. Dass sie deswegen Probleme bekommn könnte, ist ihr bewusst, umso größer ist der Ärger, als die künstliche Intelligenz Simon, die ihr in der Internationalen Raumstation auf Schritt und Tritt folgt, sie auch noch darauf hinweist. Als Simon sich in einer fachlichen Frage gegen sie stellt, reißt ihr schließlich der Geduldsfaden. Katalin ist eine von fünf Frauen in Ursula Knolls Debütroman, die alle an ihre persönliche Belastungsgrenze stoßen. „Es gibt bei vielen Menschen den Punkt, an dem sie ihr eigenes Leben nicht mehr packen und explodieren“, meint die Autorin. In jeweils drei Abschnitten erzählt sie, wie ihre Figuren mit den ausweglos scheinenden Situationen umgehen: „Was passiert vor und während der Eskalation, und was ist die Konsequenz?“

Protest

Die fünf Frauen decken mit ihren Lebenssituationen eine ganze Reihe gesellschaftsrelevanter Themen ab, von Technik und Wissenschaft über soziale und ökonomische Probleme bis hin zum Finanzmarkt. Katalins Ex-Partnerin Heide reibt sich zwischen Arbeitsleben und Kinderbetreuung auf. Als sie eines Nachmittags zum wiederholten Mal zu spät ihren Sohn abholen kommt, beschließt sie kurzerhand, den Kindergarten zu besetzen – Arbeitszeit, Busplan, Kindergartenöffnungszeit passen nicht zusammen: „Wir machen jetzt damit Schluss“, entscheidet die Mutter, lässt sich von der entnervten Pädagogin nicht rausbugsieren, sondern malt ein Protestplakat mit ihrem Sohn. Im Amtsalltag stößt die Sachbearbeiterin Ines an ihre Grenzen. Weil sie den Zynismus in der Einwanderungsbehörde nicht erträgt, stellt sie nur mehr positive Asylbescheide aus – wird entlassen und fühlt sich befreit. Ihre Mitbewohnerin Milka arbeitet für eine Organisation, die faire Entlohnung für Erntearbeiterinnen durchsetzen will. Nachdem sie vom Tod ihres Mitstreiters erfahren hat, verwüstet sie die Gemüseabteilung in einem Supermarkt. Die Polizistin Eszter, die sie anschließend verhört, betreibt im Stillen einen Hedgefonds und wettet an der Börse mit hohem Risiko gegen Unternehmen, die unethisch agieren. Gerade ist sie dabei, den Coup ihres Lebens zu landen – oder alles zu verlieren.

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