EU-Innenminister

Union besorgt über für Verbrechen offene Flanke Moldau

Waffen, Migranten, Drogen, Extremisten: Die bitterarme Ex-Sowjetrepublik ist nun EU-Beitrittskandidat, ringt aber mit der organisierten Schmuggelkriminalität, die seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine noch zunahm. Die hilft fortan mit Experten vor Ort in Chişinau.

Drei Jahrzehnte nach dem Ausbruch der Jugoslawien-Kriege, die sich bis zu einem Albaneraufstand im heutigen Nordmazedonien im Jahr 2001 hinzogen und bis heute noch an der Quelle des florierenden Waffenschmuggels in die EU stehen, ist die Union mit einer Neuauflage dieses Sicherheitsproblems konfrontiert. Denn Verbrechersyndikate machen sich den russischen Krieg gegen die Ukraine zunutze, um über die ukrainisch-moldauische Grenze steigende Mengen an Waffen zu schmuggeln.

„Wir haben das nach den Jugoslawien-Kriegen gesehen. Die Welle von Waffen und Gewalt aus dem Kriegsgebiet war ziemlich bedeutsam. Das war für unsere Demokratien schockierend“, sagte Aija Kalnaja, die amtsführende Generaldirektorin der EU-Grenz- und Küstenwache Frontex, am Montag vor Beginn des informellen Treffens der EU-Innenminister in Prag. Und sie fügte hinzu: „Wir stehen an der Seite Moldaus. Denn von hier kommt der Waffenschmuggel vorrangig.“ Ylva Johansson, die EU-Innenkommissarin, war in ihrer Stellungnahme gegenüber Journalisten noch deutlicher: „Nicht alle der zahlreichen Waffen in der Ukraine sind in den richtigen Händen.“

EU-Staaten schicken Experten

Aufgrund dessen hat sich eine Gruppe von Mitgliedstaaten dazu bereit erklärt, nationale Fachbeamte aus den Innenministerien in die moldauische Hauptstadt Chişin?u zu entsenden, um der dortigen Regierung im Rahmen einer neuen, am Montag lancierten Unterstützungsplattform Hilfe bei der Wahrung der inneren Sicherheit und dem Schutz der Grenzen zu leisten. Auch die Polizeibehörde Europol, Frontex und die EU-Grenzmission in Moldau namens Eubam beteiligen sich daran, unter Koordination der dortigen EU-Botschaft. Ebenfalls am Montag trafen sich Experten aus Spanien, Rumänien, den Niederlanden, der Slowakei, Deutschland und Frankreich im Rahmen dieses neuen Gremiums, um sich im Kampf gegen Waffenschmuggel zu beraten.
Die Republik Moldau, die seit ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion vor drei Jahrzehnten unter tief verwurzelter politischer Korruption, ökonomischer Perspektivenlosigkeit und dem Abwandern ihrer Bürger in den Westen leidet und darüber hinaus keine Kontrolle über den von Russland besetzten Landesteil Transnistrien hat, wird seit einiger Zeit von einer reformfreudigen, westorientierten Regierung geführt. Lohn dieses Schwenks weg von Moskau war die Verleihung des Status als EU-Beitrittskandidat vor zwei Wochen. Innenministerin Ana Revenco betonte am Montag in Prag, wie wichtig die europäische Perspektive ihres Landes für den Kampf gegen das organisierte Verbrechen sei. „Wir sehen fünf Hauptbedrohungen, deren Anstieg bereits alarmierend ist: Schmuggel von Waffen und Munition, von Drogen und deren Zutaten, Menschenhandel, einschließlich des Handels mit Kindern, Cyberkriminalität sowie Terrorismus und Extremismus.“ Sie nannte zudem ein konkretes Beispiel, an dem die wirksame Strafverfolgung organisierter Verbrecherbanden in Zusammenarbeit mit der EU derzeit oft scheitere: „Amtshilfe dauerte mindestens drei Monate, und bis zu vier Jahre. Dieser Modus passt nicht zur wachsenden Kriminalität.“

Stillstand bei Asylreform

Abseits dieses Hauptthemas befassten sich die Minister auch mit dem Stand der Dinge in Sachen Asylreform. Neue Entwicklungen gab es aber nicht. Der tschechische Gastgeber, Vít Rakus?n, hatte bereits vorige Woche im Gespräch mit der „Presse“ in Prag betont, dass es sicher keine Verteilung der ukrainischen und anderer Flüchtlinge und Asylwerber per Quote geben werde. Dagegen forderte Spaniens Außenminister, José Manuel Albares, erst am Wochenende ein neues System, um Asylwerber in der EU zu verteilen.

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