Luftqualität

Warum die Wiener Luft gefährlicher ist als die in München

Straßenverkehr ist einer der Hauptverursacher von schlechter Luft. Auf unserem Foto die Südost-Tangente (A 23) in Wien.
Straßenverkehr ist einer der Hauptverursacher von schlechter Luft. Auf unserem Foto die Südost-Tangente (A 23) in Wien.Die Presse/Clemens Fabry
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In einem europaweiten Luftqualitäts-Ranking schneidet Österreich gar nicht gut ab: Die Qualität in München oder Hamburg ist deutlich besser als in Wien.

Insgesamt werden 344 europäische Städte und deren Umgebung (mit einer Bevölkerung von mehr als 50.000 Menschen) unter die Lupe genommen, abgedeckt sind die Schadstoffe der Jahre 2019 und 2020, verglichen wird die Belastung mit PM2,5, also mit den kleinsten Partikeln, die am weitesten in die Lungen vordringen und damit auch die größte Gesundheitsgefahr mit sich bringen: Das Ergebnis dieses „European City Air Quality Viewer“, den die Umweltagentur der EU erstellt hat, ist wenig erfreulich.

Denn bei mehr als zwei Dritteln der Messstellen werden die Guideline-Werte der Weltgesundheitsorganisation übertroffen. Die WHO hat 2021 die Grenzbelastung, die noch als unbelastet betrachtet werden kann, auf 5 Mikrogramm herabgesetzt – weil höhere Werte aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht argumentierbar seien. Die Luftreinhalte-Vorgaben der EU sind toleranter: Hier liegt die Grenze noch bei 25 µg – allerdings mit der Betonung auf „noch“; denn nicht zuletzt aufgrund der Revision durch die WHO plant nun auch die EU, die Grenzen zu senken. Das Maß des Zulässigen, auf das man sich einigen wird, wird ein politischer Wert sein, kein gesundheitlicher.

Über die beiden Jahre wurden Durchschnittswerte errechnet. So wurden kurzzeitige Ausreißer nicht berücksichtigt. Die Bandbreite reicht von Umea in Schweden (mit 3,1 µg pro Kubikmeter Luft) bis Nowy Sacz in Polen (26,8 µg/m3).

Die urbanen Zonen Österreichs schneiden insbesondere im östlichen Teil des Landes nicht so gut ab: Graz schafft es nur auf Platz 260 (14,1 µg), Linz nur auf Rang 214 (11,8 µg), hinter Berlin (Rang 213; 11,7 µg). Wien rangiert auf Position 192 (10,9 µg) und hat damit eine deutlich schlechtere Luftqualität als die ungefähr gleich großen deutschen Städte Hamburg (156; 10,0 µg), Frankfurt (126; 9,5 µg) oder München (91; 8,9 µg). In der europäischen Auswertung sind noch drei österreichische Ballungszentren enthalten: Salzburg (50;7,9 µg) schneidet am besten ab, Innsbruck (80; 8,6 µg) und Klagenfurt (107; 9,1 µg).

Die Situation muss insgesamt als besorgniserregend eingeschätzt werden – nicht zuletzt deshalb, weil sich die Ganzjahreswerte auf die beiden Corona-Jahre beziehen, in denen aufgrund der unterschiedlichsten natioanlen Beschränkungsmaßnahmen das Ausmaß der Belastungen deutlich geringer war. Tatsächlich also dürfte im Jahr 2022 die Luft belasteter sein.

Berechnungen der EU-Umweltagentur gehen davon aus, dass durch die Schadstoffbelastungen etwa 400.000 Menschen vorzeitig sterben. Die Suche nach den Quellen der Schadstoffe, die die Luft belasten, sind nicht immer einfach, auszugehen ist jedoch davon, dass lokalen Quellen die entscheidenden sind und hier wiederum vor allem Verkehr und Industrie.

Die EU-Umweltagentur hat mit jenen Daten gearbeitet, die von den Ländern gemeldet worden sind. Deshalb wird eingeräumt, dass die Auswertungen der „vorliegenden Messungen sowohl dazu verwendet werden können, um zu belegen, dass die lokalen Emissionen eines Ballungsraumes Hauptverursacher sind, als auch um zu beweisen, dass sie das nicht sind.“

Dies erkläre, weshalb manche die Bedeutung lokal zu ergreifender Maßnahmen betonen, während andere auf der Bedeutung regionaler, nationaler oder sogar kontinentaler Maßnahmen beharren. „Externe Verschmutzungsquellen zu beschuldigen, kann eine willkommene Rechtfertigung dafür sein, auf lokaler Ebene keine Maßnahmen zu ergreifen; und umgekehrt.“

>> European City Air Quality Viewer

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