Salzburger Festspiele

Lenz hetzt durchs Gebirge – und in seinem Kopf rast die Musik

In Wolfgang Rihms Kammeroper „Jakob Lenz“ packt Stimmkünstler Georg Nigl auch ohne Kostüm und Maske: Standing Ovations für alle, nicht zuletzt für den anwesenden Komponisten, dem die Festspiele zu seinem 70. Geburtstag eine Hommage widmen.

Wer nicht sofort die Ohren spitzt, hat schon Wesentliches verpasst. Verletzlichkeit: Die steckt auch in diesem besonderen ersten und letzten Akkord des Werks. Die Töne H, F und Ges, sehr leise und in hoher Lage gespielt von drei gedämpften Violoncelli, ohne Vibrato, am Steg: eine fragile Konstellation. Tritonus und, enharmonisch verwechselt, reine Quint zusammen – die Quint ein Grundbaustein tonaler Zusammenhänge, der Tritonus ein althergebrachtes Teufels- und Schreckenssymbol; dazu noch die Sekundspannung der obersten Töne F-Ges als Inbegriff von Schmerz und Klage. Fundamentale Anzeichen dafür, dass hier etwas fundamental nicht in Ordnung ist: Und genau deshalb ordnet diese Unordnung auch alles Folgende, die 13 Bilder und die fünf Zwischenspiele von „Jakob Lenz“ aus der Feder von Wolfgang Rihm.

Man empfand die Verletzlichkeit dieses Beginns im Mozarteum auch deshalb so stark, weil das Publikum noch nicht so recht zur Ruhe gefunden hatte – und weil die drei Cellisten im famosen Ensemble Le Balcon wirklich auf höchste Diskretion eingeschworen waren. Unter Maxime Pascal erwuchs daraus eine Deutung von Präzision und Wucht, emotionalem Nachdruck und bewegender Kraft – nicht allein durch den phänomenalen Bariton Georg Nigl in der Titelpartie, aber mit ihm als in jeder Sekunde fesselndem Zentrum.

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