Flughafen: Kaufmann will "Neustart ermöglichen"

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FlughafenVorstandKaufmann will Neustart ermoeglichen(c) REUTERS (LISI NIESNER)
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Das wegen des Terminal-Debakels schwer unter Beschuss stehende Vorstandstrio des Flughafens Wien wird bis Ende 2011 ausgewechselt. Aufsichtsratspräsident Herbst übernimmt jetzt die Führung.

[Wien] Wegen „mangelnder Fortschritte bei der Entwicklung und Effizienz der wichtigsten Drehscheibe im internationalen Flugverkehr“ wurde der komplette Flughafen-Vorstand ausgetauscht. Damit kein Irrtum aufkommt: Das passierte am Mittwoch in der lettischen Hauptstadt Riga – nicht in Wien. Hierzulande hat sich der Aufsichtsrat nach einer 14-stündigen Marathonsitzung für eine weniger radikale Lösung entschieden: Nur Vorstandschef Herbert Kaufmann scheidet schon zu Jahresende aus. Neuer Flughafen-Chef wird für ein Jahr der bisherige Aufsichtsratspräsident Christoph Herbst.

In dieser Zeit soll der Anwalt nicht nur den neuen Terminal Skylink auf Schiene bringen, bei dem Kosten und Zeitplan völlig aus dem Ruder gelaufen sind. Er hat auch die Nachfolger für Kaufmanns Kollegen zu finden: für Ernest Gabmann (Finanzen) und Gerhard Schmid (Technik), die Ende 2011 gehen müssen. Den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt Vize Karl Samstag, ein prononcierter Sozialdemokrat – womit das rot-schwarze Gleichgewicht bestehen bleibt.

„Ich will den Neustart ermöglichen“, sagte Kaufmann am Donnerstag hörbar erleichtert zur „Presse“. Kaufmann räumte einmal mehr ein, dass man die Komplexität des Skylink „nicht beherrscht“ habe. Jetzt laufe es aber mit einer neuen Projektleitung und -steuerung in die richtige Richtung. Die offiziell genannten Kosten von 830 Mio. Euro sollten deutlich unterschritten werden. „Abgesehen von der Delle Skylink ist der Flughafen sehr gut aufgestellt“, betonte Kaufmann. Er verwies auf das Quartalsergebnis, das mit 72 Mio. Euro das Gewinnniveau des Vorjahres fast erreicht hat.

Knackpunkt Abfertigung

Sein Tipp an Nachfolger Herbst: „Dass er von der Aufgabe, den Flughafen zu führen, so fasziniert ist wie ich.“ Schwingt da nicht ein wenig Wehmut mit? „Nein. Wir haben eine einvernehmliche Lösung erreicht, es wird daher kein gerichtliches Nachspiel geben.“ Die dem Vorstandstrio zustehende hohe Abfertigung von in Summe rund fünf Mio. Euro war der Knackpunkt bei den Verhandlungen und die Hürde für die sofortige Ablöse aller drei Manager. Die Verträge von Kaufmann und Schmid wurden nämlich erst im Februar 2009 um fünf Jahre verlängert. Auch Gabmann wurde bis 2014 bestellt. Dabei setzten sich die fünf SPÖ-nahen gegen die vier ÖVP-nahen Aufsichtsräte (zu denen auch Herbst zählt) durch. Das rote Wien und das schwarze Niederösterreich halten je 20 Prozent am Flughafen und haben auch in Personalfragen das Sagen.

Kaufmann soll 350.000 Euro bekommen, weniger als sein Salär 2009, das mit Bonus 430.500 Euro betrug. Die Ausstiegsmodalitäten von Gabmann und Schmid werden noch ausverhandelt. Herbst will weiter Anwalt bleiben. Er sieht keine Unvereinbarkeit, weil seine Kanzlei (Herbst Vavrovsky Kinsky) keine Mandate beim Flughafen habe.

Herbst habe über den rot-schwarzen Politpoker hinweg einen Neuanfang durchgesetzt, ohne dass jemand sein Gesicht verloren habe, hieß es zum Kompromiss. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte sich ursprünglich für die rasche Ablöse aller drei Manager stark gemacht. Gerüchte von einer Rücktrittsdrohung, die er als Druckmittel vor der Sitzung in den Raum gestellt haben soll, dementierte er. Für die Vorgangsweise gab es Lob aus Niederösterreich. Mit Herbst nehme ein Profi das Heft in die Hand, hieß es.

Der Rechtsanwalt, der seit acht Jahren im Aufsichtsrat sitzt und seit einem Jahr den Vorsitz hat, übernimmt einen durch den Skylink-Skandal (siehe unten stehenden Bericht) schwer gebeutelten börsenotierten Konzern. „Wir brauchen einen totalen Neuanfang“, sagte Herbst der „Presse“. „Die Mitarbeiter müssen wieder motiviert werden und wir müssen den Kunden wieder Topqualität bieten.“ Im Klartext: Statt zu intrigieren muss wieder gearbeitet werden. Dazu sollte allerdings auch der Vorstand eine neue Gesprächsbasis finden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Herbst und Gabmann in inniger Feindschaft verbunden sind.

Politikfreie Zone

Die neue Flughafen-Spitze soll aus zwei international renommierten Fachleuten bestehen. Eine politische Besetzung wie bisher werde es nicht mehr geben. Auch werde es nie wieder passieren, dass Vorstandspositionen ohne Ausschreibung freihändig besetzt würden, betonte Herbst.

Für die Grünen, aber auch die FPÖ ist der Umbau an der Spitze nur ein Schritt. Sie fordern einen Rückzug der Länder. Die grüne Verkehrssprecherin Gabriela Moser meint, die Aufsichtsräte sollten die Abfertigung aus ihrer Privatschatulle zahlen, weil sie den Missstand verlängert hätten.

("Die Presse" Printausgabe vom 17.12.2010)

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