Der Weg vom Skylink zum Milliardengrab

Skylink Milliardengrab
Skylink Milliardengrab(c) REUTERS (LISI NIESNER)
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Chronologie. Bei dem vor zwölf Jahren als Prestigeprojekt gestarteten Bauwerk gab es schon vor dem Spatenstich große Probleme.

Die Ursprünge des zu einem wirtschaftlichen Debakel gewordenen Projekts Skylink reichen bis in die 1990er-Jahre zurück. Damals erlebte der Flughafen Wien aufgrund der Öffnung von Osteuropa ein deutliches Wachstum von rund acht Prozent pro Jahr. Schnell wurde klar, dass eine Erweiterung des Flughafens in Form eines neuen Terminals notwendig ist. Im September 1998 wurde der Skylink ausgeschrieben, im März 2000 entschied sich das Flughafen-Management für das Siegerprojekt.

Bereits da begannen die Probleme: Die Jury reihte zwei diametral ausgerichtete Projekte an die erste Stelle. Der Vorstand setzte daraufhin die Jury ab und gab selbst Itten+Brechbühl/Baumschlager Eberle den Zuschlag. „Architektur“ siegte über „Funktionalität“ (Projekt Frank & Partner), hieß es damals. Frank klagte, weil er viele Ideen beim öfters umgearbeiteten Itten-Konzept wiederfand – und gewann vor dem OGH.

In den folgenden Jahren machte sich der Flughafen an die Detailplanung. Auch da stand das Projekt unter keinem guten Stern. So konstatierte der Rechnungshof bereits 2003 „inakzeptable Mängel“ bei den Vorentwürfen. Und auch die Entscheidung des Landes Niederösterreich aus dem Jahr 2002, dass für den Skylink keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sei, sollte Probleme mit sich bringen. Vier Jahre später drohte die EU deswegen mit einem Vertragsverletzungsverfahren, das nur durch eine Ex-post-Umweltprüfung beigelegt werden konnte.

Skylink hätte zur EM 2008 fertig sein sollen

Wirtschaftlich war bis zum Baubeginn im Oktober 2005 – zumindest offiziell – noch alles in Ordnung. Die Kosten wurden auf rund 400 Millionen Euro geschätzt, die Fertigstellung sollte pünktlich zur Fußball-EM im Juni 2008 erfolgen. Schon bald informierten die Projektleiter jedoch den Flughafen-Vorstand, dass das Budget nicht halten würde. Im Frühjahr 2006 traten an der Baustelle erste Verzögerungen auf.

Ab 2007 wurden dann auch die offiziellen Kostenschätzungen sukzessive angehoben. Zuerst auf 513 Millionen Euro, ein Jahr später auf 657 Millionen Euro. Gleichzeitig wurde die Inbetriebnahme des Terminals immer weiter nach hinten verschoben, zuerst auf 2010. Inzwischen erwartet die Flughafen-Führung ein erstes Andocken der Flugzeuge am Skylink frühestens 2012. Denn auch wenn der Terminal von außen bereits fertig aussieht, sind im Innenausbau noch viele Arbeiten notwendig.

Anfang 2009 eskalierte schließlich die Situation. Der für den Skylink verantwortliche Finanzvorstand Christian Domany wurde über Nacht durch Ernest Gabmann, den Stellvertreter von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), ersetzt. Kurz danach bestätigte der Vorstand Gerüchte, wonach sich die Kosten für den Skylink auf 830 Millionen Euro erhöht hätten – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich geplant.

Auch Flughafen-Chef Herbert Kaufmann räumte erstmals ein, die „Komplexität des Projekts unterschätzt zu haben“. Nichtsdestoweniger wurden anlässlich der Bestellung von Gabmann auch die Verträge von Kaufmann und des dritten Vorstands, Gerhard Schmid, bis 2014 verlängert.

Auf Auftrag von Gabmann wurden im Sommer 2009 vorübergehend sämtliche Arbeiten am Skylink eingestellt. Nur so könnten neue günstigere Verträge mit den Bauunternehmen abgeschlossen werden, lautete das Argument. Dies hatte jedoch zur Folge, dass der Flughafen inzwischen auch mit einer Reihe von Schadenersatzklagen von Baufirmen konfrontiert ist.

Mitte 2009 wurde der Ruf laut, dass der Rechnungshof endlich das sich abzeichnende Debakel untersuchen soll. Dies wurde vom Flughafen mit Hinweis auf die fehlende Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand (Wien und Niederösterreich halten je 20 Prozent) abgelehnt. Erst eine von Grünen und BZÖ im Rahmen eines politischen Tauschgeschäftes „erzwungene“ Gesetzesänderung machte die Rechnungshof-Prüfung möglich.

Rechnungshof: Keine „Kostenwahrheit“

Der Rohbericht des Rechnungshofes liegt seit September 2010 vor. Er wird zwar unter Verschluss gehalten, aber die Details, die an die Öffentlichkeit gedrungen sind, sprechen eine klare Sprache. So habe von Anfang an die „Kostenwahrheit“ gefehlt. Und auch die letztgültige Kostenschätzung von 830 Millionen Euro sei alles andere als gesichert. Denn einzelne Subprojekte des Skylink wurden inzwischen „ausgelagert“. Dadurch, vermutet der Rechnungshof, soll verhindert werden, dass die Kosten die psychologische Marke von einer Milliarde Euro überspringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2010)

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