Wort der Woche

Krisen als Chance

Dass  gesehen werden können, hat sich bei bei der Corona- und der Energiekrise bisher nicht bewahrheitet. Aber es besteht Hoffnung.

Die aktuellen Krisen, von Corona bis zur Energiekrise, haben die Welt verändert. Manchen Zeitgenossen galten und gelten die Probleme indes auch als Chance, unser Leben und Wirtschaften zum Besseren zu wenden – indem wir achtsamer mit uns und unserer Umwelt umgehen und endlich einen nachhaltigen Pfad einschlagen. Schließlich zeigte die Coronapandemie, dass sich Lebensstil und Verhalten in kurzer Zeit ändern und wissenschaftliche Erkenntnisse großen Einfluss auf die Politik haben können. Und der Ukraine-Krieg verdeutlichte, dass eine Energiediversifizierung und ein Rückgriff auf lokale, erneuerbare Ressourcen nötig sind.

Nun, bisher wurden alle Hoffnungen bitter enttäuscht. Wie eine internationale Forschergruppe um Behnam Zakeri (IIASA Laxenburg) kürzlich zeigte, hat sich die Politik weltweit auf kurzfristige Maßnahmen zur raschen Linderung von Problemen konzentriert (Energies, 23. 7.). Dazu zählt v. a. die Unterstützung der etablierten Energiewirtschaft (zwecks Rettung der Wirtschaft). Langfristige Weichenstellungen in Richtung Nachhaltigkeit sind demgegenüber Mangelware. Dies zeigt sich etwa in einer OECD-Statistik, laut der sich die Subventionen für fossile Energieträger 2021 (also noch vor dem Ukraine-Krieg) weltweit auf fast 700 Mrd. Dollar verdoppelt haben. Die Forscher warnen daher eindringlich vor einer „verpasste Gelegenheit“ und einer weiteren Verfestigung („Lock-in-Effekt“) der Dominanz fossiler Ressourcen und Technologien.
Darauf deutet jedenfalls vieles hin: Wie aus einer aktuellen Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) hervorgeht, gab es zuletzt bei 23 von 55 Bereichen, die für eine Transformation des Energiesystems wichtig sind, keine Verbesserungen – oder sogar Rückschritte. Nur in zwei Bereichen wurden substanzielle Fortschritte in Richtung des Netto-Nullemission-Szenarios der IEA bis 2050 verzeichnet, nämlich bei LED-Beleuchtungen und bei der Elektromobilität.

Diese beiden Beispiele zeigen allerdings auch, dass es durchaus Hoffnungsschimmer gibt. Dazu kommt, dass die jüngsten Energiepreissteigerungen nun tatsächlich ein Umsteuern zu bewirken scheinen: IEA-Direktor Fatih Birol berichtete kürzlich von weltweiten Verkaufsrekorden bei Wärmepumpen und anderen effizienten Technologien. Und er prognostizierte, dass es beim Ausbau von erneuerbaren Energien heuer wohl zu einem Allzeithoch kommen würde.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

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