Gerichtsverfahren

Chorherr-Prozess: Brachte Hemetsberger Benko zum Spenden?

René Benko im Wiener Straflandesgericht
René Benko im Wiener StraflandesgerichtAPA/GEORG HOCHMUTH
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Der Finanzberater Wilhelm Hemetsberger zeigt sich darüber erbost, sich wegen Spenden verantworten zu müssen. Und beteuert, mit Widmungsverfahren nichts zu tun gehabt zu haben.

Der Prozess gegen den ehemaligen Grün-Politiker Christoph Chorherr sowie weitere neun Angeklagte ist am Dienstag am Wiener Landesgericht mit der Befragung des Finanzberaters Wilhelm Hemetsberger fortgesetzt worden. Dieser gehört zu den Großspendern des Chorherr-Vereins und ist seit vielen Jahren in Südafrika engagiert. Er bekannte sich nicht schuldig. Mit Widmungsverfahren, so beteuerte er, habe er nichts zu tun.

Worum geht es? Dem früheren Planungssprecher der Wiener Grünen, Chorherr, wird vorgeworfen, von namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert bzw. angenommen zu haben. Dieser unterstützt Kinder- bzw. Schulprojekte in Afrika. Die Spender sollen sich im Gegenzug Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Chorherr Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit, den Unternehmern Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor. Zu den Mitangeklagten gehören neben Hemetsberger unter anderem der Investor René Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler.

Chorherr hat sich zu Beginn seiner Vernehmung zuletzt nicht schuldig bekannt. Auch die Verteidiger der anderen Angeklagten hatten in den Eröffnungsplädoyers die Unschuld ihrer Mandanten beteuert.

"Heumarkt-Projekt kannte ich nur aus den Medien"

Hemetsberger versicherte nun bei seiner Vernehmung, dass er nicht als Immobilienentwickler in Erscheinung getreten ist. Er habe lediglich Objekte in Deutschland besessen bzw. einen kleinen Anteil an einem Wiener Wohnhaus. "Das Heumarkt-Projekt kannte ich nur aus den Medien", beteuerte er. Tojners Großbauvorhaben rund um das Hotel Intercontinental spielt in dem Verfahren eine zentrale Rolle. Auch mit Flächenwidmungen habe er sich nicht beschäftigt, sagte der frühere Bank-Austria-Vorstand. "Mir war auch die Funktion des Herrn Chorherr in der Stadt nicht bekannt." Sehr gut vertraut war Hemetsberger hingegen mit dem karitativen Engagement des Politikers.

Der Finanzexperte schilderte seinen vor Jahren beschlossenen Abschied vom Investment-Bereich und die Suche nach neuen Aufgaben. "Ich bin zu Fuß über die Alpen gegangen", schwärmte er von einer Auszeit, in der er auch vom Ithuba-Projekt bei Johannesburg erfahren habe. Es fiel der Entschluss, zu spenden. Realisiert wurde beim Schulprojekt unter Mithilfe Hemetsbergers unter anderem "Willis Holzwerkstätte". Er sei mit Chorherr auch dorthin gefahren. Das Projekt sei professionell umgesetzt gewesen, berichtete der Angeklagte, der nach der Finanzkrise 2008 doch wieder ins Invest-Geschäft eingestiegen war. Seine Firma benannte Hemetsberger nach dem Hilfsprojekt: Ithuba Capital AG.

Freunde und Benko überzeugt

Tojner habe er in diesem Zeitraum kennengelernt. Er habe ihm eine Finanzfirma abgekauft. Auch zwischen Chorherr und der Bank Austria, die später als Unterstützer in Erscheinung getreten ist, habe er die Verbindung hergestellt. Ebenfalls einen Freund - einen Hedgefondsgründer - überredete er, der Ithuba-Schule zu helfen. Dieser habe auf seine Vermittlung eine einst arisierte Villa der Familie zurückgekauft. Eine Flächenwidmung sei da nicht notwendig gewesen.

René Benko, den er beraten habe, habe er das Projekt auch ans Herz gelegt - und zwar im Jahr 2011. "Er hat sich entschlossen, 100.000 Euro zu spenden." Dies habe ihn sehr gefreut, versicherte Hemetsberger - der sich darüber beschwerte, sich dafür verteidigen zu müssen, „dass ich gespendet habe“. Unter diesem „Zirkus“ leide sein Ruf und der seiner Firma, kritisierte er und lobt die „Hilfe vor Ort“, die mit dem Chorherr-Projekt ermöglicht werde.

Kerbler: „Nicht daran gedacht, dass er Amtsträger ist"

Auch Conwert-Gründer Günter Kerbler bekannte sich nicht schuldig. Chorherr habe er als Nachbar kennengelernt. Man sei auch gemeinsam auf Urlaub gefahren. 2014 habe er gespendet, weil Chorherr ihn "als Freund" gebeten habe. Damals habe er sich - nach seinem Rückzug bei Conwert - vor allem als Investor betätigt.

Er sei mit Chorherr bei beiden Schulen in Südafrika gewesen. Aus der Politik habe er, Kerbler, sich hingegen ferngehalten. Mit Chorherr habe er generell über Architektur geredet, aber nicht über eigene Projekte. Die Funktion des Politikers war für den Immo-Unternehmer nicht relevant, wie er beteuerte. "Ich habe, ehrlich gesagt, nicht daran gedacht, dass er ein Amtsträger ist."

Soravia: Spende war „rein private Motivation"

Branchenkollege Erwin Soravia verteidigte eine persönliche Zahlung über 15.000 Euro oder den Spenden-Aufruf zu seinem Geburtstagsfest 2017. Man wollte etwas Gutes tun, hielt er fest: "Ich bin fasziniert von dem Projekt." Er habe dieses ebenfalls selbst besucht. Die Spenden würden keinen Konnex mit Chorherr aufweisen. "Es war eine rein private Motivation."

Soravia verwies darauf, dass die Widmung für große Konzern-Bauvorhaben wie das Hochhaus-Trio „Triiiple" oder die „Danube Flats" an der neuen Donau Jahre zuvor erfolgt seien. Zudem sei die Flächenwidmung für das gesamte Areal beschlossen worden, das zum Teil auch den Stadtwerken oder der Bundesimmobiliengesellschaft gehöre. Mit Chorherr habe er über die Vorhaben gesprochen, weil dieser Jurymitglied bei den entsprechenden Wettbewerben gewesen sei.

(APA)

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