"Islam ist nicht die Religion der Explosionen"

Islam nicht Religion Explosionen
Islam nicht Religion Explosionen(c) AP (Nasser Nasser)
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Die Proteste nach dem Anschlag auf Kopten in Ägypten weiten sich aus. Ägyptische Politiker und muslimische Gelehrte verurteilen das Attentat. Kopten-Papst Shenouda appelliert an die Regierung in Kairo.

Der Aufruf zur Ruhe von Kopten-Papst Shenouda III. an die Gläubigen wird nicht überall gehört: Die Ausschreitungen nach dem tödlichen Bombenanschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria in der Silvesternacht gehen weiter. In einem Stadtteil von Kairo gab es am Montag gewaltsame Zusammenstöße zwischen Hunderten Demonstranten und Sicherheitskräften. Nach Angaben eines Fotografen der Nachrichtenagentur AP wurden mindestens fünf Menschen verletzt. Demonstranten warfen auf einer Autobahn Steine auf Autos und versuchten, die Straße mit brennenden Reifen zu blockieren.

Der Staat "muss die Probleme der Kopten sehen und versuchen, sie zu lösen", sagte Shenouda in einem Interview des staatlichen Fernsehens. "Probleme werden mit Ruhe und Kommunikation gelöst und nicht mit Ärger und Emotionen", betonte das Kirchenoberhaupt. Die koptischen Christen - sie stellen in Ägypten rund zehn Prozent der Bevölkerung - fühlten sich den Gesetzen verpflichtet, aber ungerechte Gesetze müssten geändert werden. Der ägyptische Außenminister Ahmed Abul Gheit sprach von einem "Anschlag auf das gesamte ägyptische Volk".

"Angreifer kennen keinen Gott"

Bei dem Bombenanschlag in Alexandria waren in der Silvesternacht 21 Menschen getötet worden, 97 wurden verletzt. Die Ermittler gehen von einem Selbstmordanschlag aus. Bisher hat sich niemand dazu bekannt, die Tat wird aber Islamisten zugeschrieben. Nach Augenzeugenberichten handelte es sich laut neuen Ermittlungsergebnissen bei dem Attentäter um einen etwa 40 Jahre alten Mann ohne Bart. Er habe gegenüber der Kirche zusammen mit zwei anderen Männern in einem Auto gesessen. Aus dem Innenministerium hieß es, der Täter habe zunächst versucht, in die Kirche zu gelangen. Nachdem er die vor dem Gotteshaus postierten Polizisten sah, habe er seine Bombe jedoch davor gezündet.

Unklar ist, ob es eine Verbindung zu dem Blutbad in einer Kirche in der irakischen Hauptstadt Bagdad vom 31. Oktober 2010 gibt. Die damaligen Attentäter, die dem irakischen Ableger des Terrornetzwerks al-Qaida zugerechnet werden, hatten erklärt, sie wollten "muslimische Schwestern" rächen, die von der koptischen Kirche in Ägypten "gefangen gehalten" würden.

Der ranghöchste islamische Religionsgelehrte von Saudi-Arabien bezeichnete die Tat von Alexandria als Verbrechen, das nichts mit dem Islam zu tun habe. Die saudische Zeitung "Okaz" zitierte Scheich Abdulaziz bin Abdullah al-Sheikh mit den Worten: "Der Islam ist nicht die Religion der Explosionen, und er erlaubt es auch nicht, die Gebetsräume von Nicht-Muslimen anzugreifen." Der Mufti von Syrien, Scheich Ahmed Badr al-Din Hassun, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Wer diesen Anschlag verübt hat, der kennt keine Religion und keinen Gott."

Frankreich: Drohungen gegen Kopten

Die französische Anti-Terror-Polizei hat unterdessen Vorermittlungen wegen Terrordrohungen im Internet gegen koptische Kirchen in Frankreich aufgenommen. Ein Priester in Chatenay-Malabry bei Paris machte die Polizei auf die Online-Botschaften aufmerksam. Die Drohungen hätten sich gegen mehrere koptische Kirchen in Europa gerichtet, darunter eine in Chatenay-Malabry, erklärte die Polizei. Die Sicherheitsvorkehrungen für koptische Kirchen in Paris und dem Umland seien verstärkt worden. In Frankreich leben etwa 45.000 Kopten. Auch in den Niederlanden, Deutschland und Österreich gilt erhöhte Vorsicht (mehr: Drohungen gegen Kopten: Erhöhte Vorsicht in Wien). Die Kopten in Deutschland wollen daher auf ihre Weihnachtsfeierlichkeiten verzichten. Kopten zelebrieren Weihnachten - wie viele Ostkirchen - am 7. Jänner.

(Ag.)

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