Konjunktur

Inflation: Erzeugerpreise deuten auf Abflauen der Preisdynamik

Harald Eisenberger
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Die Wirtschaftsleistung dürfte 2023 nicht annähernd so stark einbrechen wie 2020. Dennoch ist die Stimmung in der Wirtschaft mies. Der IHS-Chef ortet „fast zu viel Drama“.

Gemessen am Konjunktureinbruch im ersten Coronajahr ist das, was der heimischen Wirtschaft im neuen Jahr dräut, mehr Rezessiönchen als Rezession. Experten sind sich einig, dass die Wirtschaft kaum vom Fleck kommen wird, die Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2023 pendeln jedenfalls zwischen einem hauchdünnen Plus und einem knappen Minus. 2020 war die heimische Wirtschaftsleistung (BIP) um mehr als sechs Prozent eingebrochen.

Nach Ansicht von Klaus Neusser, Chef des Instituts für höhere Studien (IHS), ist die Stimmung in der Wirtschaft schlechter, als die aktuelle Lage rechtfertigt. Aktuell sei nicht unbedingt von einer Rezession zu sprechen, sondern eher von einer Stagnation, auch wenn das BIP zum Jahresschluss und kommenden -anfang wohl zwei Quartale in Folge „leicht“ schrumpfen werde. Es herrsche „fast zu viel Drama“, sagte Neusser in der Ö1-Sendung „Saldo“.

Inflation bleibt erhöht

Wiewohl er die Inflation als Problem bezeichnete. Die Teuerung werde erhöht bleiben, erwartet der Ökonom. 2023 rechnet er mit einer Inflation in der Höhe von etwa fünf Prozent. 2024 sei ein weiterer Rückgang zu erwarten. Es sei aber „fraglich“, ob das EZB-Ziel von zwei Prozent mittelfristig erreicht werde.

„Die Inflation ist angetrieben durch die Energiepreise, frisst sich durch alle Bereiche durch“, so Neusser. „Sie kommt bei den Dienstleistungen an, bei den Mieten, die indexiert sind, und man wird sie auch (weiter) bei Lebensmitteln spüren.“

Bei den Energiekosten sei aber mit keinem weiteren Anstieg zu rechnen. Benzin entwickle sich im Preis zuletzt schon rückläufig.

Rückgang bei Erzeugerpreisen

Eine Einschätzung, die sich mit der am Freitag von der Statistik Austria veröffentlichten Erzeugerpreisstatistik für den November deckt. Der Erzeugerpreisindex für den Produzierenden Bereich der Statistik Austria weist für den November gegenüber dem Vormonat ein Minus von 1,1 Prozent auf und ist im Monatsvergleich damit zum ersten Mal seit Mai 2020 gesunken.

Im Jahresvergleich war das Plus freilich beträchtlich. Gegenüber November 2021 stiegen die Erzeugerpreise um 15,4 Prozent. Im Oktober und September 2022 hatte die Jahresveränderungsrate plus 18,5 bzw. 22,1 Prozent betragen. Zwar waren weiterhin Energiepreise Haupttreiber des Anstiegs, sie legten im November im Jahresvergleich um 39,7 Prozent zu. Doch die Dynamik schwächt sich ab. In den Monaten zuvor lagen die jährlichen Veränderungsraten für Energie noch bei plus 48,8 Prozent im Oktober und plus 63,3 Prozent im September.

Das Abflauen der Dynamik spreche für einen eher gedämpften Verlauf der weiteren Inflationsentwicklung, wobei die Unsicherheiten groß seien, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Wohlstandsverlust dauerhaft

Außer Frage stehe laut IHS-Chef Neusser aber, dass die Krisen der vergangenen Jahren nicht spurlos an Österreichs Wirtschaft vorübergehen werden. Die Wirtschaft pendle sich auf niedrigerem Niveau ein, es sei ein Wohlstandsverlust entstanden, der den langfristigen Wachstumspfad um drei bis vier Prozent nach unten nivelliere.

Aufgrund eines fehlenden Innovationsschubs, der auch nicht in Sicht sei, werde der Wohlstandsverlust auch nicht so rasch aufzuholen sein. Bei den Investitionen fehle es an Dynamik, hauptsächlich würden Ersatzinvestitionen getätigt. „Da passiert aus meiner Sicht zu wenig.“

Für die Ökonomin Monika Köppl-Turyna ist weniger entscheidend, wie stark die Wirtschaft im anbrechenden Jahr wächst oder schrumpft, vielmehr die Frage, wo Österreichs Wirtschaft etwa in fünf Jahren stehen wird. Im Interview mit der „Presse am Sonntag“ vom 1. Jänner mahnt die Eco-Austria-Direktorin Reformen an, vor allem solche, die die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft stärken. Denn diese sei schon vor Pandemieausbruch unter Druck geraten – teure Energie sei nur ein „Brandbeschleuniger“. 

((ag./luis))

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