Türkis-Grün

Pflegekarenz: ÖVP nach Rauch-Vorstoß skeptisch

APA/GEORG HOCHMUTH
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Trotz etlicher inhaltlicher Baustellen vor der Regierungsklausur eröffnete der Sozialminister eine weitere Debatte – die ÖVP reagierte zurückhaltend.

Eine Woche vor ihrer zweitägigen Regierungsklausur im niederösterreichischen Mauerbach plant die türkis-grüne Regierung dort vor allem eines zu tun: Nach der jüngsten Häufung vertagter oder gar geplatzter Projekte soll – auch nach dem neuerlichen Handlungsauftrag des Bundespräsidenten – Funktionsfähigkeit demonstriert werden. Sprich: Es soll zumindest eines der zahlreichen offenen Versprechen finalisiert und präsentiert werden. Die Liste überfälliger Versprechen ist lang, sie reicht vom Antikorruptionspaket über die Amtsgeheimnis-Abschaffung bis hin zum automatischen Pensions-Splitting, dem Klimaschutzgesetz oder der Reform der Umweltverträglichkeitsprüfung. Nur: Was man in Mauerbach vorzulegen vermag, das weiß man in der Koalition derzeit noch nicht.

Und just zum Auftakt in die letzte Woche vor der türkis-grünen Klausur hat der grüne Sozialminister ein weiteres Diskussionsthema eröffnet: die Pflege. Konkret richtete Johannes Rauch via ORF-Radio aus, dass er den Rechtsanspruch auf Pflegekarenz deutlich ausweiten will, und zwar von einem Monat auf drei. Zudem schlug der Grünen-Politiker vor, dass die Pflegeteilzeit geändert werden müsse. Bisher seien die Hürden offenbar zu hoch: Laut Daten des Sozialministeriums nahmen 2022 – Stand Ende November – weniger als 4000 Menschen eine Pflegekarenz für die Pflege eines nahen Angehörigen in Anspruch. Möglich ist dies ab einem Pflegefall der Stufe drei. In Pflegeteilzeit waren gar nur 131 Personen. Und obwohl die Pflegekarenz drei Monate dauern kann, beträgt der Rechtsanspruch darauf nur vier Wochen.

Grundsätzliches zu überlegen gibt es beim Reformplan aus der Sicht des Sozialministers nicht mehr: Rauch kündigte eine Reform noch im ersten Quartal dieses Jahres an. Der Koalitionspartner reagierte darauf überrascht, intern abgesprochen war der öffentlich vorgetragene Vorstoß Rauchs Insidern zufolge nämlich nicht. Auch inhaltlich hielt sich die türkise Begeisterung in Grenzen: Nach einer „Presse“-Anfrage wollte man die Idee der Grünen im ÖVP-Parlamentsklub gar nicht erst kommentieren. Im Laufe des Tages meldete sich dann Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) in der Causa zu Wort – allerdings zurückhaltend: „Man muss sich das im Detail anschauen“, sagte er.

Erfreut war indes Ingrid Korosec, Chefin des ÖVP-Seniorenbundes, über den Vorstoß des Sozialministers. „Knapp 4.000 Menschen haben 2022 Pflegekarenz in Anspruch genommen – von rund 900.000 pflegenden Angehörigen österreichweit“, sagte sie. Daher sei „ein erweiterter Rechtsanspruch auf Pflegekarenz ein guter Schritt“. Nachsatz: „Pflegende Angehörige brauchen aber mehr.“ Damit kein „erneuter Stillstand“ entsteht, so Korosec, „müssen rasch neue Sozialpartnergespräche zur Pflegereform starten“.

(kk)

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