Die mühsame Wahl von Kevin McCarthy zum Chef des Repräsentantenhauses ist nur ein Vorgeschmack auf das Chaos, das den USA droht. Das kann bis zum Zahlungsausfall der Weltmacht führen.
Das kann ja noch heiter werden. Chaotischer hätte die neue Legislaturperiode im US-Kongress kaum beginnen können. Normalerweise ist die Wahl des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses eine reine Formsache: Die Mehrheit kürt einen Präsidenten der zweiten Parlamentskammer – und fertig. Doch was ist noch normal im kränkelnden Politsystem der USA? Erst im 15. Anlauf schaffte es der republikanische Fraktionsführer Kevin McCarthy, das ersehnte dritthöchste Amt im Staat zu ergattern. Davor hatte ihn eine kleine Gruppe am rechten Rand seiner Partei vier Tage lang gequält und blockiert.
Die Spielchen der radikalen Hinterbänkler des Freedom Caucus waren nur möglich, weil die Republikaner nach den Zwischenwahlen im November lediglich einen Überhang von fünf Mandaten im Repräsentantenhaus haben. Den Senat kontrollieren weiterhin die US-Demokraten, und im Weißen Haus werkt ihr Präsident, Joe Biden, müde vor sich hin. Das künftige Regieren erschien angesichts des geteilten Kongresses ohnehin schwierig genug. Die Sache wird nun nicht leichter, auch wenn die Demokraten nur fünf Stimmen aus dem republikanischen Haufen herausbrechen müssen.
Eine kleine Minderheit hat schon bei der ersten Gelegenheit demonstriert, dass sie die einst staatstragende Partei vor sich hertreiben kann. McCarthy musste sein letztes Hemd ausziehen, um seine internen Rivalen zu besänftigen. Der Kalifornier schanzte ihnen nicht nur Posten in dem Gremium zu, das die Agenda im Repräsentantenhaus festsetzt. Er gestand auch zu, dass seine Absetzung fortan von einem einzelnen Abgeordneten beantragt werden kann.