Renaissance der Kachelöfen

Renaissance Kacheloefen
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Ein uraltes Heizsystem wurde mit Hochtechnologie aufgerüstet und erlebt nun einen Boom, an den noch vor einem Jahrzehnt niemand glaubte.

Draußen stürmt und schneit es, drinnen knistert aber das Holz, wohlige Wärme strahlt von Kacheln, Menschen und Katzen liegen auf dem Ofenbankerl. In kalten Regionen wie dem Alpenraum ist der Kachelofen der Inbegriff von Gemütlichkeit und Behaglichkeit im Winter. Und das seit dem Mittelalter, als die Menschen die wohltuende Wirkung von Backöfen, die die Wärme lange Zeit speichern, entdeckten und gezielt zu nutzen begannen. Aus Gründen der leichteren und schnelleren Konstruktion wurden die Öfen bald aus vorgefertigten keramischen Bauteilen gebaut – die noch dazu die Wärme sehr gut übertragen.

Damals entstand auch der Beruf des Hafners. Heute gibt es rund 600 von ihnen in Österreich – und entgegen allen Erwartungen, die noch vor zehn oder 15 Jahren gehegt wurden, floriert dieser Beruf heute: „Viele Jahrzehnte war das Geschäft mit dem Bau von Kachelöfen rückläufig“, berichtet Thomas Schiffert, Leiter des Österreichischen Kachelofenverbands – ein Forschungsinstitut unter dem Dach von „Austrian Cooperative Research“ (ACR). Doch seit der ersten Erdölkrise und erst recht nun, da Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit große Themen sind, erleben Kachelöfen einen wahren Boom. Dazu kommt noch: „Der Mensch benötigt zum Wohlfühlen eine wahrnehmbare Wärmequelle“, so Schiffert – und in vielen modernen, energieoptimierten Häusern gibt es eine solche nicht mehr. Das betrifft vor allem Passivhäuser, die per definitionem keine zusätzliche Heizung benötigen. Außer natürlich, man will aus psychologischen Gründen dennoch eine Zusatzheizung haben, etwa als „Sicherheitsreserve“, wenn es draußen besonders kalt ist.

Dass die Renaissance der Kachelöfen möglich wurde, liegt auch an der Technologie: Heutige Kachelöfen sind optimierte Geräte, die nicht selten mit Hochtechnologie ausgerüstet sind. Dadurch sind sie keine „Dreckschleudern“ mehr – wie es manche alten Geräte sind: „Die Feinstaubemissionen liegen weit unter den Grenzwerten“, so Schiffert.

Nachsatz: „Und zwar dann, wenn der Ofen gut berechnet und richtig bedient wird.“ Richtig bedienen heißt in erster Linie: trockenes Holz verwenden und von oben her anzünden. Jedenfalls gilt: „Ein schlechter und alter Stückholzkessel verursacht so hohe Emissionen wie 10.000 moderne Anlagen.“

Der wahre Treiber hinter der technologischen Aufrüstung der Kachelöfen war der Fortschritt im Hausbau: Die Bauweise moderner Häuser – Stichworte: Niedrigenergiehaus und Passivhaus – erforderte ein grundsätzliches Umdenken der Hafner. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens liegt der Wärmebedarf bei gut wärmegedämmten Gebäuden nur bei einem Bruchteil früherer Werte. Und zweitens sind moderne Häuser derart luftdicht, dass man die Verbrennungsluft künstlich zuführen muss. Andernfalls würde der Luftdruck im Hausinneren so stark sinken, dass der Rauchabzug durch den Kamin nicht mehr gewährleistet wäre – was fatale Folgen bis hin zum Ersticken haben könnte.

„Es wurde sehr viel in Forschung und Entwicklung investiert“, berichtet Schiffert. Heute eignet sich ein Kachelofen gut als – einzige – Heizung in einem Niedrigenergiehaus: Entweder als Einzelofen, der im Zentrum des Hauses positioniert ist und mehrere Räume mitheizt. Oder der Ofen ist ausgerüstet mit Heizschlangen, zirkulierendes Wasser transportiert die Wärme zum Beispiel in Wandheizungen anderer Räume. Oft sind diese Systeme mit Pufferspeichern gekoppelt, in die im Sommer (zwecks Warmwasserbereitung) auch Wärme aus Solaranlagen eingespeist wird.

In Passivhäusern, die fast keinen Wärmebedarf hätten, müssten die Dimensionierung der Öfen und die Planung der Verbrennungsluft-Zuleitung noch konsequenter durchgeführt werden, sagt Schiffert. Das ist ein wirklich kritischer Punkt, denn jeder Kachelofen ist ein Unikat – und um dennoch schon im Vorhinein sicherstellen zu können, dass alles funktioniert, hat der Kachelofenverband Berechnungsmethoden entwickelt und Auslegungsrichtlinien erstellt. Die Verbrennungsluft kann etwa durch Schächte im Fußbodenaufbau, durch Leitungen im Keller oder durch in den Schornstein integrierte Zuluftschächte erfolgen.

Die neun Mitarbeiter des Instituts sind an einer Reihe weiterer Forschungsprojekte beteiligt. So wird etwa in Kooperation mit den ACR-Instituten ofi (Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik) und HFA (Holzforschung Austria) in einem Coin-Projekt an der Veredelung von Biomasse-Brennstoffen gearbeitet. Durch einen Prozess namens „Torrefikation“ kann Biomasse in einen kohleähnlichen standardisierten Brennstoff verwandelt werden, der unempfindlich gegen Witterungseinflüsse ist. Zudem versucht man, die Aschezusammensetzung durch die gezielte Auswaschung von anorganischen Substanzen zu optimieren. Ein bekanntes Problem ist der hohe Siliziumgehalt von Stroh, das die Öfen mit der Zeit verklebt.

Geforscht wird weiters am Brandschutz. So tauchen zum Beispiel durch die vermehrte Verwendung von Glastüren – um die Flammen sehen zu können – neue Probleme wie etwa die Gestaltung von Holzbänken auf. Gemeinsam mit dem Comet-K1-Zentrum „Bioenergy 2020+“ werden auch immer wieder Forschungsprojekte zu Emissionen von Biomasseheizungen durchgeführt.

Und auch das Genderthema beschäftigt die Technologen. Schiffert: „Öfen und Heizkessel werden von Männern für Männer konstruiert und produziert, sie werden aber meist von Frauen bedient.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2011)

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