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Streamingtipps

Neues zum Streamen: Stripper, Gangster und Edgar Allan Poe

Von der Netflix-Serie „Kaleidoskop“, deren Folgen man sich in jeglicher Reihenfolge ansehen kann, bis zur Entstehungsgeschichte der Chippendales-Striptease-Show: Ein Blick auf vier neue Serien und einen Film. Lohnen sie sich?

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Copenhagen Cowboy

Dänemarks dunkle Unterwelt
Serie, sechs Folgen
Zu sehen auf Netflix

Wo genau Miu (Angela Bundalovic) herkommt, weiß niemand so genau. Weder die osteuropäischen Menschenhändler, deren Matriarchin sie nach Dänemark bestellt hat, um endlich schwanger zu werden – noch ihre asiatischen Widersacher im Gangstergeschäft, deren Chef sie flugs als Schmerztherapeutin engagiert. Klar ist nur, dass die junge Frau im blauen Sportanzug über geheimnisvolle Kräfte verfügt, dass ihr zierlicher Wuchs und ihr trauriger Blick über eine unheimliche dunkle Macht hinwegtäuschen, mit der nicht zu spaßen ist.

Was genau sich dahinter verbirgt, klärt sich in „Copenhagen Cowboy“, der zweiten Miniserie des dänischen Genre-Ästheten Nicolas Winding Refn, nur bedingt auf. Anhängern handlungsgetriebener Serienkost sei eher von diesem düster schillernden Nachtschattengewächs abgeraten – viel zu genüsslich zerdehnt Refn jede Szene der sechs circa einstündigen Folgen. Wer seinem Designermarken-Albtraum-Stil etwas abgewinnen kann, sollte aber durchaus Freude haben mit dieser dekadent-melancholischen, oft grotesk komischen und überraschend sozialkritischen Rückkehr Refns zu seinen dänischen Gangsterfilmwurzeln – voll Geister, wummernder Synthesizer und blonder Killer mit Penis-Prothesen. (and)

Kaleidoskop

Ein Thriller zum selber Bauen
Serie, acht Folgen
Zu sehen auf Netflix

Lineares Erzählen wird in dieser packenden, wenngleich nicht immer stringenten Serie weiter aufgebrochen: Die acht nach Farben benannten Folgen kann man in beliebiger Reihenfolge sehen, Netflix würfelt sie bei jedem Aufdrehen sogar durcheinander. Mit einer Ausnahme: Am Schluss steht die Folge „Weiß“, die allerdings nicht das Ende der Handlung erzählt. Diese dreht sich um einen Raubüberfall und dessen mehr als 25-jährige Vorgeschichte. Leo (Giancarlo Esposito) und seine Crew brechen in einen mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen versehenen Safe ein, um sieben Milliarden Dollar zu stehlen – und eine alte Rechnung zu begleichen. Für Paare hat die Erzählweise einen Vorteil: Man muss nicht warten, bis der andere Zeit hat, um weiterzuschauen. (her) Netflix

Welcome to Chippendales

Der „Erfinder“ männlicher Stripper
Serie, acht Folgen
Zu sehen auf Disney+

Vom Tankwart zum Besitzer einer globalen Tanzshow-Marke – oder, wie es diese Serie mit fidelem Hochmut darlegt, zum Erfinder des männlichen Striptease: das ist der amerikanische Traum, den sich Somen „Steve“ Banerjee (toll: Kumail Nanjiani) Ende der 1970er-Jahre in L. A. erfüllte. Wirtschaftsdenken, Geltungsdrang, schließlich ein Mord-Plot treffen hier auf exzessiv stilisierte Ausgelassenheit, schmissig entblößte Männer-Pobacken – und ein Narrativ der Frauenermächtigung („Women are horny too!“), das sich freilich als oberflächlich erweist. Dennoch: Anregendes Binge-Futter. (kanu)

The English

Die Britin und der Ureinwohner
Serie, sechs Folgen
Zu sehen auf Canal+

Nein, das ist definitiv keiner von den Guten, dieser Besitzer eines Hotels in der Einöde des Wilden Westens. Den indigenen Besucher (Chaske Spencer) hat er fesseln und schlagen lassen, nur weil er es gewagt hatte, höflich einen Drink zu bestellen. Nun sitzt er im Saloon vor Lady Locke (Emily Blunt), verspeist Stierhoden und erklärt ihr, dass er mit ihr schlafen werde – Einverständnis sei ihm wurscht und überleben werde sie die Sache auch nicht. Tja, da hat er sich getäuscht. In Folge werden die Lady und der Pawnee zu Geigenklängen durch atemberaubende Landschaften ziehen (sie im roten Mantel auf weißem Pferd). Bisschen viel Klischee für diesen Western von Hugo Blick, der angeblich mit Konventionen brechen will. Mit dabei: Valerie Pachner, die Salzburger „Buhlschaft“. (best)

The Pale Blue Eye

Edgar Allan Poe als Düsterdetektiv
Film
Zu sehen auf Netflix

Der Umstand, dass der Ich-Erzähler und sein Gastgeber in Edgar Allan Poes Kurzgeschichte „Mr. Landors Landhaus“ weitgehend unbekannt bleiben, hat Louis Bayard 2005 dazu angeregt, aus dem anonymen Titelhelden einen Ermittler zu machen, der in der detailgenau beschriebenen Landschaft aus der Erzählung auf Poe selbst trifft. Allerdings zu einer Zeit, als dieser kein Schriftsteller, sondern – anno 1830 – ein junger Kadett war.

Scott Cooper hat Bayards Roman „The Pale Blue Eye“ nun für Netflix verfilmt, mit Christian Bale als Sherlock-Holmes-haftem Landor und Harry Melling als Watson-artigem Poe. Gemeinsam gehen sie einer Mordserie an der Militärakademie West Point auf den Grund, wo Poe seine Lehre macht. Der Film rekurriert bewusst auf die morbiden Fiktionen des Autors, ein geistreicher Meta-Kommentar auf dessen Werk gelingt Cooper jedoch nur bedingt. Löblich, dass er auf Gothic-Kitsch verzichtet und einen bodenständigen Stil bevorzugt. Aber er bleibt fixiert auf den schalen Whodunit-Plot und variiert zu hektisch die Genres. Sein Film will alles zugleich sein, Sonntagskrimi und Lehrstunde, derber Horror und ernster Thriller, Melodram und Rache-Western – aber nichts davon konsequent. (mt)

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